Grazer Bürgermeister Nagl holt Szenewirt auf seine Liste
Michael Schunko tritt bei Gemeinderatswahl für ÖVP an
Graz – In Graz kennt man ihn – allerdings bisher nicht als Politiker, sondern als sogenannten Szenewirt. Der 51-jährige Michael Schunko wurde am Mittwoch überraschend von Bürgermeister Siegfried Nagl als ÖVP-Kandidat für die kommende Gemeinderatswahl präsentiert. Nach der ehemaligen Snowboardweltmeisterin Marion Kreiner ist er der zweite Quereinsteiger, den der amtierende Bürgermeister in sein Team holt. Er habe als Wirt „das Ohr am Volk“, meinte Nagl, der Schunko an wählbarer Stelle, unter den ersten zehn, aufstellen und jedenfalls fix in seinem Team haben will.
Schunko führt in der steirischen Landeshauptstadt, die am 5. Februar früher als geplant wählen soll, drei äußerst erfolgreiche, immer volle Lokale. Die Klientel dort ist sehr unterschiedlich. Im Haubenlokal Eckstein im Grazer Bermudadreieck in der Altstadt gibt sich seit Jahren unter anderem die lokale FPÖ das Besteck in die Hand. Schunko, am Mittwoch darauf angesprochen: „Ich habe für alle ein offenes Herz.“In seinem Café Freiblick auf dem Dach des Stammhauses von Kastner & Öhler trifft sich eine bunte Mischung aus einheimischen Shoppern und Touristen, die den Ausblick über die Grazer Innenstadt genießen. 2015 übernahm Schunko das neue Café im Grazer Kunsthaus, das mit coo- ler Hipster-Ästhetik sofort die Massen anzog, während das alte Café in der 2003 eröffneten blauen Blase zwölf Jahre lang vor sich hin dümpelte. Hier treffen sich Bobos und Grünwähler zum Frühstück und mittäglichen Burger-Essen. Nach einem Jahr plant man bereits, das Lokal zu vergrößern.
Er wollte „immer schon in die Politik gehen, nur erste Reihe fußfrei zu schimpfen ist nicht genug“, erzählt Schunko bei der Pressekonferenz im Kunsthauscafé. Deshalb sei er Nagl dankbar, „mitarbeiten zu dürfen“. Er komme jeden Tag „mit vielen Menschen und Charakteren ins Gespräch“und wisse, „was gut ist für uns, für Menschen und Wirtschaftstreibende“.
Mit Schunko geht jemand für die ÖVP ins Rennen, den mit Nagl ein ähnlicher Hintergrund als Geschäftstreibender in der Innenstadt verbindet. Nagl selbst hatte mit seiner Frau im Familienbetrieb, einem Haushaltswarengeschäft in der Herrengasse gearbeitet, bevor er vor 1998 als Stadtrat in die Politik einstieg, um dann 2003 erstmals Bürgermeister zu werden. Er wisse, was das heiße, so Nagl: „Ich bin ihm deshalb doppelt dankbar, dass er das macht.“
Einen Überblick über die Stadt Graz habe Schunko schon zu Beginn seiner Karriere gehabt, scherzte Nagl; der Gastronom war nämlich einst hoch oben im Schlossbergrestaurant Lehrling.