Fußfessel-Anträge aus der Haft sind relativ selten
Nur jeder vierte Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest kommt von Insassen für letzte Haftmonate, drei Viertel erfolgen bei Erhalt des Haftbescheids. Der Verein Neustart sieht Verbesserungsbedarf. Das Justizministerium startet eine Info-Offensive.
Wien – Mehr als 4100 Personen haben in Österreich bisher ihre Haft oder Teile davon im elektronisch überwachten Hausarrest verbüßt. Aktuell tragen rund 320 Personen eine Fußfessel. Seit der Einführung 2010 musste die Maßnahme in 307 Fällen vorzeitig beendet werden, etwa da Bedingungen nicht mehr erfüllt wurden. In 48 Fällen war eine erneute Straftat der Grund. Bei Neustart beurteilt man die Fußfessel als Erfolgsgeschichte – mit einer Erfolgsquote von 93 Prozent. Der Verein für Bewährungs- und Haftentlassenenhilfe sieht aber auch Nachbesserungsbedarf.
So würden im Bundesschnitt nur rund ein Viertel der Anträge auf elektronisch überwachten Hausarrest „backdoor“gestellt, wie Susanne J. Pekler, Leiterin von Neustart Steiermark, dem STANDARD sagt. „Backdoor“-Anträge können Personen in Haft stellen, wenn sie noch maximal zwölf Monate Haft zu verbüßen haben. Der überwiegende Teil sucht gleich bei Erhalt des Haftantrittsbescheids nach dem Urteil darum an.
In Kärnten kamen laut Pekler vergangenen September überhaupt nur elf Prozent aller Fußfessel-Anträge „backdoor“herein, in der Steiermark 18 Prozent, und am anderen Ende der Skala lag Wien mit rund 40 Prozent.
Die Gründe für seltener aus der Haft gestellte Anträge sieht Pekler etwa darin, dass ein Arbeitsplatz vorgewiesen werden muss, es aber schwierig sei, aus der Haft Arbeit zu finden – zumal AMS-Kurse Freigängern nicht offenstünden und das Arbeitsmarktservice für Insassen nicht erreichbar sei, da es keine Sprechstunden in Justizanstalten anbiete.
Beim AMS Österreich heißt es dazu, da Freigänger rechtlich gesehen nicht als Arbeitslose gelten, haben sie keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Es bestehe die Möglichkeit, sich als Arbeitssuchender vorzumerken und bei Freigang oder Hausarrest um die Förderung von Kursen anzusuchen.
Bedingungen zu erfüllen
Für die Gewährung des elektronisch überwachten Hausarrests sind neben der maximalen Haftdauer weitere Bedingungen zu erfüllen: So muss eine geeignete Unterkunft vorhanden sein sowie eine Kranken- und Unfallversicherung, die schriftliche Einwilligung aller Personen im Haushalt und nach Prüfung der Wohnsituation eine positive Prognose. Die engmaschigen Vorgaben – nach der Arbeit direkt nach Hause zu müssen, Betreuung durch Sozialarbeit, Alkoholkarenz – sieht Neustart als „stützendes Korsett“vor der Entlassung in die Freiheit.
Betroffene sind laut Pekler aber oft schlecht über die Bedingungen für eine Fußfessel informiert. So wüssten etwa wenige, dass es für die dann fälligen 22 Euro Haftkostenbeitrag pro Tag eine soziale Staffelung gibt. Es halte sich der Mythos, die Fußfessel sei „nur etwas für die Reichen“. Hier brauche es mehr Informationen.
Das sieht auch das Justizministerium so. Gemeinsam mit Neustart und den sozialen Diensten werde in Justizanstalten eine Art Informationsoffensive zu „Backdoor“-Anträgen gestartet, hieß es aus dem Ressort. Dort war am Mittwoch auch zu erfahren, dass die Bundesbeschaffungs GmbH inzwischen mit der Neuausschreibung für einen neuen FußfesselBetreiber beauftragt wurde.
Im Zuge der Reform des Maßnahmenvollzugs ist eine Ausweitung der Fußfessel geplant. Der Generaldirektor für den Strafvollzug, Erich Mayer, hat sich in der Vergangenheit etwa für Fußfesseln bei Haftstrafen von bis zu 18 Monaten ausgesprochen – auch Neustart will das. In wenigen Wochen soll der Entwurf vorliegen.