Börsenüberfall auf Bauriesen
Vinci, Europas größter Baukonzern, wurde Opfer eines perfekt inszenierten Angriffs auf seinen Aktienkurs. Die Pariser Börsenaufsicht ermittelt auch gegen Naturschützer.
Die Börsenräuber attackierten so dreist und professionell wie bei dem legendären Postzugsüberfall. Am Dienstag um 16.05 Uhr brachten sie über die Agentur Bloomberg ein gefälschtes Kommuniqué in Umlauf. Der Inhalt war jedoch explosiver als eine Sprengladung an einer Safetür: Vinci habe im Jahresabschluss 2015 und dem ersten Halbjahr 2016 bei einer internen Prüfung „buchhalterische Unregelmäßigkeiten“im Umfang von 3,5 Milliarden Euro festgestellt, hieß es; der Finanzchef sei entlassen worden.
Vinci ist nicht irgendwer, sondern der größte europäische Baukonzern mit einem Umsatz von 38,5 Milliarden Euro. Das Kommuniqué schlug an der Börse wie eine Bombe ein, der Vinci-Kurs sackte um 18 Prozent ab. Um 16.27 Uhr doppelten die unbekannten Täter mit einem weiteren Kommuniqué nach. Darin warnten sie im Namen der Vinci-Direktion selbst vor dem „Versuch einer Desinformation“. Maliziös deuteten sie an, dass an den „aus unserem Büro gesickerten“Informationen etwas sein könnte. Der Zuständige für Presseauskünfte bei Vinci wurde namentlich genannt. Wer die angegebene Telefonnummer anrief, erhielt auch mündlich Auskunft über den angeblichen Finanzschlamassel bei Vinci – doch wem die Stimme gehört, ist unbekannt.
Vinci konnte erst gegen 17 Uhr reagieren. Der Konzern dementierte alle Angaben und drohte mit Klage. Der Handel wurde eine halbe Stunde ausgesetzt. Doch da war der Schaden schon angerichtet. Vinci verlor am Schluss des Tages 3,7 Prozent an Wert. Wer schon vor dem Kurssturz auf fallende Notierungen gesetzt hatte, konnte also viel Geld verdienen.
Doch war das Motiv des Börseneinbruchs finanzieller Natur? Vinci steht im Fadenkreuz von Umweltschützern, die den Bau eines Flughafens bei Nantes verhindern wollen. Nach Börsenschluss übernahmen denn nicht näher bekannte Projektgegner die Verantwortung für die „Sabotage“, wie sie sagten. Ihre mit Fehlern gespickte Mail wirkte amateurhaft. Ermittler schließen nicht aus, dass es sich um Trittbrettfahrer handelt. Oder um einen Versuch der Täter, Spuren zu verwischen.