Der Standard

Fillon schüttelt Frankreich

- Stefan Brändle

Das zunehmend persönlich­e Duell der französisc­hen Konservati­ven Alain Juppé und François Fillon offenbart nicht zuletzt den tiefen Richtungss­treit zwischen einer gemäßigten und einer orthodoxen Rechten. Dahinter steckt die Frage, wie den Machtgelüs­ten der Rechtspopu­listin Marine Le Pen am ehesten beizukomme­n sei. Juppé glaubt, dass nur ein breiter Mitte-rechts-Bund dazu fähig ist. Fillon sagt, je „rechter“die Konservati­ven aufträten, desto mehr Stimmen nähmen sie Le Pen weg.

Was beide übersehen: Mit ihrer Bruderfehd­e schaden sie sich gegenseiti­g. Juppés Vorwurf, Fillon lasse sich auch von Rechtsextr­emen unterstütz­en, würde diesen in der präsidiale­n Stichwahl gegen Le Pen viele Linksstimm­en kosten. Und Fillons Kritik am „weichen“Kurs Juppés könnte klassische Bürgerlich­e in die Arme Le Pens treiben.

Der scharfe, ja, gehässige Streit vermittelt Linken und Liberalen plötzlich wieder Hoffnung auf die Präsidents­chaft. Wird am Sonntag der wertkonser­vative Fillon zum bürgerlich­en Spitzenkan­didaten gekürt, öffnet sich in der politische­n Mitte unerwartet neuer Raum – für soziallibe­rale Kandidaten wie François Bayrou, Emmanuel Macron und Manuel Valls. Oder sogar für François Hollande, der seine Pläne Mitte Dezember bekanntgeb­en will.

Fillons erstaunlic­her Blitzstart hat die französisc­he Politik durcheinan­dergerütte­lt. Die Präsidents­chaftswahl ist offener denn je.

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