Immer mehr politische Wahlbekenntnisse
Keine Wahlempfehlungen, aber Outings von Parteivertretern für Van der Bellen
Wien–Zu einer offiziellen Wahlempfehlung für die Präsidentenstichwahl wiederholung mag sich keine Partei durchringen, aber die „Bekenntnisse“hochrangiger Parteivertreter mehren sich. So erklären jetzt auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) und ExBundespräsident Heinz Fischer, für Alexander Van der Bellen zu stimmen – was zuvor nur Ex-ÖVPPolitiker und der EU-Abgeordnete Othmar Karas sowie Politiker der SPÖ, darunter Bundeskanzler und Parteichef Christian Kern, und von den Neos, von Parteichef Matthias Strolz abwärts, taten.
Für FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gibt es vergleichsweise wenige solche Outings: Aus der Bundespolitik hat sich bisher nur Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar als Unterstützer geoutet.
Vizekanzler Mitterlehner ließ sich für den Wiederholung st er min zum Geständnis hinreißen, dass er „mit einiger Wahrscheinlichkeit den Herrn Van der Bellen wählen“wird. Aus der Sicht des Wirtschafts standortes wäre dieser die bessere Wahl, begründete der ÖVP-Chef in einem Interview.
Ministerin Karmasin verriet der APA, dass sie Van der Bellen per Briefwahl bereits gewählt hat. Entscheidend für ihre Wahlentscheidung war – so ihr Pressesprecher – dessen partn er schaftl ich esGe- sellschaftsbild, das auf Solidarität und Achtung beruhe, und sein Eintreten für Toleranz.
ÖVP-EU-Delegationsleiter Karas warb schon im Mai für Van der Bellen und war nun Hauptredner bei dessen Wahlkampfauftakt. Zur Stimme für den Ex-GrünenChef rief – unter einiger Kritik von Hofer – beide Male auch eine Gruppe prominenter Bürgerlicher wie Erhard Busek, Franz Fischler, Maria Rauch-Kallat, Wilhelm Molterer und Nationalbankchef Claus Raidl auf. In Vorarlberg unterstützt ihn eine ÖVP-dominierte Bürgermeisterinitiative.
Hofer bemüht sich dennoch um Bürgerliche. In einem TV-Duell kündigte er an, im Fall des Wahlsieges den ÖVP-nahen Diplomaten Johannes Peterlik – früher Karmasins Kabinettschef – zum Kabinettsdirektor zu machen.
Diplomatisches Wählerkorps
Aus Diplomatenkreisen bekam aber auch Van der Bellen Unterstützung: Der frühere ÖVP-Staatssekretär Hans Winkler initiierte für beide Termine gemeinsam mit den Ex-Botschaftern Albert Rohan, Eva Nowotny und Wolfgang Petritsch einen Wahlaufruf.
Im September – zwei Monate nach seinem Auszug aus der Hofburg – bekannte auch Alt-Bundespräsident Fischer, dass er Van der Bellen als Nachfolger möchte, weil dieser „auf der richtigen europapolitischen Linie“sei.
Die europäische Komponente nennt auch Wirtschaftsexperte Karl Aiginger von der „Querdenkerplattform: Wien – Europa“als Argument, warum er Van der Bellen wählen wird: „Van der Bellen kann den Beitrag Österreichs zu einem sozialeren und nachhaltigeren Europa unterstützen, Hofer arbeitet mit allen Politikern zusammen, die die europäische Integration rückabwickeln wollen.“
Neben SPÖ-Chef Kern, der schon vor dem ersten Wahlgang für Van der Bellen plädierte, meinte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, es sei wohl jedem klar, dass der Großteil der Sozialdemokratie Hofer nicht wählen werde. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder spendeten auch für Van der Bellens Wahlkampagnen.
Diese wurden auch von NeosFörderer Hans-Peter Haselsteiner finanziell stark unterstützt – und noch mehr: Er rief eine gegen Hofer und Rechtspopulismus gerichtete „Nein zum Öxit“-Kampagne in Leben – und konnte dafür Mitstreiter wie Brigitte Ederer, Christian Konrad und Franz Fischler gewinnen. Und aus einer Konkurrentin im ersten Wahlgang wurde für Van der Bellen schließlich eine Wählerin: Irmgard Griss ist für ihn, „weil wir beide überzeugte Europäer sind“. (nim, APA)