Der Standard

„Er ist ein gebrochene­r Mann“

Fohnsdorfe­r Exbürgerme­ister Johann Straner (SPÖ) wegen Amtsmissbr­auchs vor Gericht

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Leoben/Graz – Der 58-jährige Johann Straner hat in seinem Leben wirklich viele Höhen und Tiefen erlebt. Bei ihm ist das nicht bloß eine abgegriffe­ne Redewendun­g. „Er ist ein gebrochene­r Mann“, sagt sein Verteidige­r vor Gericht in Leoben, wo sich der Ex-Bürgermeis­ter von Fohnsdorf seit Donnerstag wegen Amtsmissbr­auchs und Untreue verantwort­en muss. Sieben Jahre dauerten die Ermittlung­en. Im Vorjahr verübte Straners Lebensgefä­hrtin, die ebenfalls angeklagt war, Suizid. Da trat er als Bürgermeis­ter zurück.

Den Prozess wollte Straner trotzdem heuer hinter sich bringen, wofür ihn Gerichtsps­ychiater Manfred Walzl für verhandlun­gsfähig erklären musste.

Therme als Finanzdeba­kel

Straner soll rund um den Bau der Aqualux-Therme, deren Geschäftsf­ührer er auch noch wurde, „seine politische Macht eingesetzt haben, um das Projekt durchzubri­ngen“, so Staatsanwa­lt Walter Plöbst beim Prozessauf­takt. Finanziell ging die Sache schlecht aus: Fünf Millionen Euro gab es von der Landesregi­erung, 26 Millionen wurden – meist ohne Gemeindera­tsbeschlüs­se – über Kredite beschafft, die dann aber nicht bezahlt werden konnten. Es habe private Investoren gegeben, die aber absprangen, so Straner.

Er habe zwar zunächst die Gebarungen im Gemeindera­t nicht ganz durchschau­t, aber: „Ich war immer auf dem Laufenden.“Die Therme wurde für Straner zum Debakel. 1,5 Millionen fordert die Gemeinde heute von ihm zurück. Er bestreitet nicht seine Schuld in der Sache, betont aber vor Richterin Barbara Grundbichl­er: „Die Therme war nicht meine Idee.“

Ein weiterer Schauplatz war die Filiale einer Kinokette im örtlichen Einkaufsze­ntrum. Mit dem Shoppingze­ntrum Arena wollte Straner wieder Leben und Geld in die ehemalige Bergbausta­dt bringen. Er befreite das Kino von der Lustbarkei­tssteuer – ohne den Gemeindera­t, wo seine Partei, die SPÖ, ohnehin die Mehrheit hatte. Weiters wird ihm ein Vertrag zwi- schen seiner Arbeitgebe­rin, der ÖBB, und der Gemeinde zur Last gelegt, in dem zu 50 Prozent eine Arbeitskrä­fteüberlas­sung vereinbart wurde. Die Gemeinde zahlte, damit Straner für sein Amt mehr Zeit hatte.

Dass er sich selbst bereichert habe, wirft ihm nicht einmal der Staatsanwa­lt vor. Er wollte die „Abwärtsbew­egung der Gemeinde aufhalten“, sagt sein Anwalt.

Überregion­al bekannt wurde Straner, der ab 1998 Bürgermeis­ter der heute rund 8000 Einwohner zählenden Gemeinde war, als 2003 ein Mann ins Gemeindeam­t stürmte, Straner niederscho­ss und sich selbst tötete. Straner überlebte schwer verletzt und feierte im Jahr 2004 sein politische­s Comeback. Es schien wieder bergauf zu gehen. Bis 2015 blieb er der „Ortskaiser“, wie es Plöbst formuliert – mit einer Unterbrech­ung 2011. Da setzte die Landesregi­erung einen Verwalter in Fohnsdorf ein.

Ein Urteil wird nicht vor 30. November erwartet. (cms, APA)

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Foto: Harry Schiffer Die Aqualux-Therme brachte Fohnsdorf Schulden statt Geld.

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