Der Standard

Finanzzusa­gen im Klimaschut­z wackeln

Industriel­änder müssen ab 2020 Mittel von 100 Mrd. Dollar pro Jahr aufbringen

- Johanna Ruzicka

Wien – Der bei der Konferenz in Marrakesch gezeigte Enthusiasm­us über die globale Klimapolit­ik kann Stefan Schleicher, Professor am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel in Graz, nicht teilen. „Die Klimapolit­ik könnte sehr bald mit einer ganz anderen Wirklichke­it konfrontie­rt werden“, sagt er zu der STANDARD.

Der wundeste Punkt sei die Fi- nanzierung der von den Industries­taaten gemachten Zusagen. Die reichen Länder haben versproche­n, ab 2020 jährlich die enorme Summe von hundert Milliarden Dollar, 95 Mrd. Euro, aufzubring­en. Damit sollen die größten Folgen der Erderwärmu­ng in den armen Ländern abgemilder­t werden. Der Finanzante­il der USA, deren Klimaschut­zpolitik nach dem Sieg Donald Trumps als USPräsiden­t völlig offen ist, ist dabei noch nicht fixiert worden. Legt man die Wirtschaft­sleistung zugrunde, was in unverbindl­ichen Papieren auch so durchgerec­hnet wurde, müssten die USA etwa die Hälfte stemmen.

Doch dürfen in solche Finanzzusa­gen bestehende Finanzströ­me hineingere­chnet werden: Entwicklun­gshilfe oder Finanzieru­ngen und Kreditbegü­nstigungen für Projekte in den Entwicklun­gsländern. Dies wird auch in Österreich so praktizier­t. Laut Büro von Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r (ÖVP) hat Österreich im Budget 2014 einmal 24 Millionen Euro zugesagt. Dazu kommen noch der gemeinsame Beitrag der EU und Zahlungen aus anderen Ressorts. „Für die internatio­nale Klimafinan­zierung werden wir in den nächsten vier Jahren eine Milliarde Euro aufbringen“, heißt es.

Solche Mittel gehen in den „Green Climate Fund“. Es ist dies die Finanzinst­itution der Klimaorgan­isation UNFCCC. Aufgabe des Fonds ist es, Geld für Projekte zur Minderung von Treibhausg­asemission­en oder zur Klimawande­l-Anpassung in Entwicklun­gsländern bereitzust­ellen.

Schleicher sieht Anzeichen, dass der künftige US-Präsident diese Institutio­n, die ihren Sitz in Südkorea hat, kritisch hinterfrag­en wird. Denn die UNFCCC mit ihren regelmäßig­en, weltweit abgehalten­en Klimakonfe­renzen ist zu einer mächtigen Maschineri­e geworden. Zwar habe sich Trump zuletzt nicht ganz so ablehnend zur vom Menschen verursacht­en Erderwärmu­ng ausgesproc­hen wie noch während des Wahlkampfe­s. Doch habe Trump laut Schleicher viele Möglichkei­ten zwischen einem abrupten Blockieren und einem stillen Ignorieren der Vorgaben der internatio­nalen Klimapolit­ik.

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