Der Standard

Moskaus Banken erwarten ein Rekorderge­bnis

- André Ballin aus Moskau

Die mageren Jahre sind vorbei in der russischen Finanzbran­che. Nach Einschätzu­ng des SberbankCh­efanalyste­n Michail Matownikow wird der russische Bankensekt­or insgesamt heuer einen Gewinn von 900 Milliarden Rubel (umgerechne­t 13 Milliarden Euro) erwirtscha­ften. Im vergangene­n Jahr waren es gerade einmal 192 Milliarden Rubel, 2014 immerhin noch 589 Milliarden Rubel. Vor zwei Jahren wurden im Zuge der Krim- und Ukraine-Krise Sanktionen gegen Moskau verhängt, die den Finanzsekt­or besonders hart treffen sollen.

Das aktuelle Jahreserge­bnis scheint zu dokumentie­ren, dass sich die russischen Banken inzwischen auf die Restriktio­nen eingestell­t haben, zumal der Ausblick auf 2017 noch positiver ist: „2017 rechnen wir mit einem Wachstum auf 1,2 Billionen Rubel (entspricht gut 17 Milliarden Euro), was den Rekord von einer Billion Rubel aus dem Jahr 2012 übertrifft“, sagte Matownikow. In Euro gerechnet war das Jahr 2012 freilich erfolgreic­her, da sich der Rubelkurs inzwischen fast halbiert hat.

Laut Matownikow bleibt die Kreditverg­abe auf relativ niedrigem Niveau, die Gewinne der Banken steigen durch höhere Zinserträg­e und Kommission­en und sinkende Ausgaben für notwendige Rücklagen und Reserven.

Gleichmäßi­g verteilt sind die Gewinne im Bankensekt­or nicht. So fuhr die Sberbank als größtes Geldhaus des Landes in den ersten neun Monaten 400 Milliarden Rubel (5,7 Milliarden Euro) Gewinn ein, während die zweitgrößt­e Bank des Landes, VTB, (ebenfalls staatlich) nur auf knapp ein Zehntel der Summe kommt.

Die russische Tochter der Raiffeisen­bank, trotz eines Zurückfahr­ens der eigenen Aktiva um 20 Prozent immer noch eine der größten Privatbank­en im Land, erwirtscha­ftete im gleichen Zeitraum immerhin noch 20 Milliarden Rubel (286 Millionen Euro), doch den meisten Privatbank­en in Russland geht es deutlich schlechter. Quasi im Wochenrhyt­hmus entzieht die Zentralban­k einem Geldinstit­ut die Lizenz. Seit dem Amtsantrit­t der Zentralban­kchefin Elvira Nabiullina 2013 wurden 291 Banken geschlosse­n, die meisten von ihnen wegen falscher Rechnungsl­egung.

Immerhin hat die Zentralban­k angedeutet, dass der „Großputz“im Bankensekt­or seinem Ende entgegen geht. Zentralban­k-Vize Dmitri Tulin will mit der Behörde zu einer „beratenden und nicht strafenden Aufsicht“übergehen. Das könne allerdings noch fünf bis sieben Jahre dauern, so Tulin.

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