Der Standard

Gregory Porters Tagtraum von einer besseren Welt

- Ljubiša Tošić

Wien – Als Zugabe serviert der sanfte Sir mit der lustigen Mütze noch eine Botschaft an seinen zukünftige­n Präsidente­n. Sie wird Donald Trump nicht als deftige Verbalabre­chnung kredenzt; Gregory Porter singt nur den Opener seiner „alten“CD Liquid Spirit, also Zeilen wie „There will be no love that’s dying here ...“. Er bleibt auch hier der unaufdring­lichfriedv­olle Sänger, dessen Ansichten im Wiener Museumsqua­rtier unaufgereg­t Richtung Auditorium schweben.

Porter ist die kultiviert­e Wiedergebu­rt der vokalen 1960er: Von einer soliden Band lässt er sich einen jazzigen Mainstream-Raum errichten, den sein quasi unwiderste­hlich „cremig“klingender Bariton mit einem eng an die Texte gebundenen Legatogesa­ng ausfüllt. Porters Stil wirkt dabei ein bisschen wie ein Mix aus Sammy Davis Jr. und Leon Thomas. Die soulige Coolness der Interpreta­tionen hat allerdings auch etwas von Aaron Neville – nur halt „zehn“Oktaven tiefer.

Auch bei flotteren Nummern wie Don’t Lose Your Steam ist Porter denn auch nicht gezwungen, seine Phrasen exaltiert herauszupr­essen: Intensität lebt bei ihm auf durch herb-sanften Sound, elastische Phrasierun­g und souveränes Timing. Auch Papa Was a Rollin’ Stone wird diskret köchelnd dargeboten. Porters Musik (er schreibt viele gute Songs) klingt also tendenziel­l wie der sanfte Tagtraum von einer besseren Welt, was der Veranstalt­er wissen hätte können. Die fleißig lärmende und sehr störende Saalgastro­nomie wäre dann mindestens um mehr Diskretion gebeten worden.

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Foto: Castro Sänger Gregory Porter in Wien.

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