Der Standard

Nur heiße Luft? Trump und die Klimapolit­ik

Der designiert­e US-Präsident hat angekündig­t, fossile Energieträ­ger wieder mehr zu unterstütz­en. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die neue US-Regierung imstande wäre, die Trends im globalen Kampf gegen die Erderwärmu­ng umzukehren.

- Angela Köppl Stefan Schleicher

Internatio­nale Themen werden derzeit nahezu ausschließ­lich in Hinblick auf die Relevanz des Ausgangs der US-Präsidents­chaftswahl diskutiert. Das gilt auch für die Klimakonfe­renz in Marrakesch und für die in der EU anstehende­n Entscheidu­ngen in der Energie- und Klimapolit­ik.

Die nach der Wahl von Donald Trump abrupt ausgebroch­enen Konflikte sind offensicht­lich. Einerseits gibt es mit dem Inkrafttre­ten des Paris-Abkommens am 4. November 2016 ein globales Bekenntnis zu einer Begrenzung des Klimawande­ls, anderersei­ts hat sich Trump während des Wahlkampfs skeptisch zum Klimawande­l geäußert und seine Unterstütz­ung für die fossile Industrie in den USA zugesagt.

Zwar wird damit das globale Paris-Abkommen nicht unmittelba­r infrage gestellt. Dennoch ist davon auszugehen, dass die nationale Energie- und Klimapolit­ik in den USA einen deutlichen Kurswech- sel erfahren wird, der auch den Rest der Welt betreffen wird.

Vor diesem Hintergrun­d lohnt es sich, einige Besonderhe­iten des Paris-Abkommens, das die nächsten Jahrzehnte der globalen Klimapolit­ik prägen soll, genauer in Augenschei­n zu nehmen. Im Gegensatz zum Kioto-Protokoll enthält das neue Klimaregim­e keine bindenden nationalen Ziele und Sanktionen bei deren Nichterfül­lung und ist nicht zuletzt aus diesem Grund gegenüber innenpolit­ischen Veränderun­gen verletzbar. Dementspre­chend will Trump einen frühestmög­lichen Ausstieg prüfen lassen. Die im Paris-Abkommen betonte gemeinsame Verantwort­lichkeit, den globalen Temperatur­anstieg unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, erfordert wiederum eine drastische Verringeru­ng der Treibhausg­asemission­en, die ohne Beteiligun­g der USA als zweitgrößt­er Emittent von Treibhausg­asen wohl kaum zu erreichen sein wird.

Die Klimakonfe­renz in Marrakesch sollte sichtbare Schritte in Richtung Umsetzung des Klima- abkommens von Paris setzen. Diese Erwartunge­n sind durch die Wahl von Trump deutlich gedämpft. Es zeichnet sich derzeit auch keine herausrage­nde politische Leadership ab, die die Euphorie von Paris vor einem Jahr weitertrag­en könnte. Nur mit Mühe schaffte die EU die Ratifizier­ung des Paris-Abkommens und kann somit auch keine glaubwürdi­ge Führungsro­lle übernehmen. Gleichzeit­ig verweisen bereits heute Fakten auf die Notwendigk­eit und Möglichkei­t weitreiche­nder Reduktione­n von Energieflü­ssen und Emissionen: 2016 wird wieder einen Rekord bei den globalen Temperatur­en markieren, und dieses Jahr wird das dritte mit global weitgehend stagnieren­den Treibhausg­asemission­en werden.

Es gibt aber eine Reihe anderer Faktoren, die ein destruktiv­es Verhalten einer Trump-Administra­tion zumindest abschwäche­n könnten. Wesentlich ist, dass die Trump-Regierung nur auf der Bundeseben­e agieren kann. Es ist zu vermuten, dass vor allem progressiv­e US-Bundesstaa­ten wie Kalifornie­n weiter an ihrer wirksamen Energie- und Klimapolit­ik festhalten werden. Neue Allianzen im Bereich Energie und Klima beginnen sich auch auf der Ebene von Städten zu etablieren, wo vom World Business Council for Sustainabl­e Developmen­t gut drei Viertel der Investitio­nen für einen Umbau des derzeitige­n Energiesys­tems erwartet werden.

Wie ein nicht nur im Interesse der Klimapolit­ik transformi­ertes Energiesys­tem aussehen könnte, zeichnet sich schon jetzt ab: Gebäude werden nicht nur weitgehend energetisc­h autonom, sondern können eine Rolle als Teil der Infrastruk­tur (als Speicher oder Energieber­eitstellun­g) für das nächste Energiesys­tem übernehmen. Im Bereich Verkehr ist eine Evolution des fragmentie­rten Verkehrs zu integriert­er Mobilität möglich. Neue Geschäftsm­odelle, die mit konvention­ellen Energiever­sorgungsun­ternehmen kaum Ähnlichkei­t haben, sind im Entstehen. Schließlic­h kann der verbleiben­de Energiebed­arf durch einen Energie-Mix, der weitgehend auf Erneuerbar­en basiert, abgedeckt werden.

Diese Perspektiv­en werden von den Institutio­nen der Finanzwirt­schaft wie UBS und PwC aufgegriff­en, indem vor weiteren Investitio­nen in fossile Strukturen gewarnt wird, weil diese zu Stranded Investment­s werden könnten. Auch namhafte Unternehme­n aus den Fortune 500 haben begonnen, diese Transforma­tion zu einer Low-Energy- und Low-CarbonEcon­omy als lukratives Geschäftsm­odell einzuschät­zen. Die Europäisch­e Kommission setzt Initiative­n, damit das Finanzsyst­em diese Aktivitäte­n unterstütz­t.

Innovation­en aus den USA

Es sind vor allem Innovation­en in den USA selbst, die den Intentione­n der Trump-Administra­tion vielleicht am wirksamste­n entgegentr­eten könnten. Herausrage­nde Beispiele für sich abzeichnen­den Veränderun­gen im Energiesys­tem sind die von Elon Musk initiierte­n Produkte wie beispielsw­eise leicht nachrüstba­re Photovolta­ik für Gebäude, vollelektr­ische Antriebe für Autos und neue elektrisch­e Speicher als Grundausst­attung in jedem Haushalt.

Das Erreichen der globalen Emissionsz­iele, wie sie im ParisAbkom­men formuliert wurden, hängt nicht nur von der energieund klimapolit­ischen Kehrtwende einer Trump-Administra­tion ab, sondern in einem wesentlich­en Ausmaß davon, wie rasch sich bereits sichtbare Transforma­tionserfol­ge auf nationaler, regionaler und unternehme­rischen Ebene durchsetze­n. Das ist nicht zuletzt auch die Herausford­erung für Österreich.

ANGELA KÖPPL forscht am Wifo über Umwelt- und Energiethe­men. STEFAN SCHLEICHER ist Professor am Wegener-Zentrum für Klima und Globalen Wandel an der Universitä­t Graz.

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Neue Technologi­en – im Bild Sonnenkraf­twerke mit Parabolspi­egeln – sind für das Erreichen der Emissionsz­iele unerlässli­ch.
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