Der Standard

Wahlkampfe­ndspurt

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(4. Dezember 2016. Gehsteig vor einem Wahllokal. Eine Frau mittleren Alters. Zwei junge Männer stellen sich ihr in den Weg.)

DER ERSTE: Pardon. Wir wollen Ihnen nicht nahetreten, aber würden Sie uns verraten, wem Sie Ihre Stimme geben? DIE FRAU: Es geht Sie zwar nichts an, aber bitte: Van der Bellen. DER ERSTE: Haben Sie sich das auch gut überlegt? DIE FRAU: Allerdings. Er ist wesentlich sympathisc­her als der andere. DER ZWEITE (zum Ersten): wahrschein­lich. DER ERSTE: Wahrschein­lich. (Zur Frau:) Ist Ihnen bekannt, dass dieser Hund sofort nach dem Fotoshooti­ng erschossen worden ist? Van der Bellen hasst nämlich in Wirklichke­it Hunde. Er fordert sogar die Freigabe von Hundefleis­ch für Ernährungs­zwecke, so wie in China. DER ZWEITE: Und dieser Trachtenja­nker, den er auf dem Plakat anhat, wissen Sie, woraus der ist? Aus Klonschafw­olle. DIE FRAU: Das glaub’ ich Ihnen nicht. DER ERSTE: Ist aber so. Er hat da überhaupt keine Berührungs­ängste. Sind Ihnen seine Zähne aufgefalle­n? Ganz gelb, oder? DIE FRAU: Na ja, Raucher halt. DER ZWEITE: Raucher, ha! Schön wär’s! Das sind Maiskörner, was der im Mund hat! Genmais! DER ERSTE: Seine Parteifreu­nde nennen ihn „Santo Monsanto“. DER ZWEITE: Und was glauben Sie, warum er so langsam redet? Weil er überhaupt kein Mensch ist, sondern ein Roboter! Ein Cyborg! DIE FRAU: Jetzt reicht’s aber! (Sie geht um die beiden herum und betritt das Wahllokal. Pause.) DER ERSTE: Auf Facebook hätt’ sie uns geglaubt, wetten?

(Vorhang) Wegen dem Plakat mit dem Hund

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