Der Standard

Lehrlinge diskutiert­en im Parlament über Hassrede

Rund hundert Lehrlinge aus Österreich­s Werkstätte­n, Baustellen, Supermärkt­en, Büros und Drogerien schlüpften in die Rolle von Nationalra­tsabgeordn­eten. Ergebnis war ein Hate-Speech-Gesetz, das extraharte Strafen für Lehrer vorsieht.

- Lisa Breit

Wien – Beschimpfu­ngen und Hetze im Internet nehmen zu. Wie sollen Hasspostin­gs bestraft werden? Wer muss durch das Gesetz geschützt werden? Etwa diese Fragen beschäftig­ten rund 100 Lehrlinge aus sieben Bundesländ­ern und 16 verschiede­nen Betrieben. Um im „Lehrlingsp­arlament“über eine Verschärfu­ng des sogenannte­n Verhetzung­sparagrafe­n zu verhandeln, nahmen sie zwei Tage lang die Rolle von Nationalra­tsabgeordn­eten ein. Unterstütz­t wurden sie dabei von Mitarbeite­rn des Parlaments und „echten“Abgeordnet­en aller Couleur.

Erster Programmpu­nkt: Fraktionen bilden. Anhand von Themen, die ihnen jeweils wichtig sind, teilten sich die Jugendlich­en in die Fraktionen Türkis, Weiß, Violett, Gelb und Grau. Dann galt es zu diskutiere­n, Experten und Expertinne­n zu konsultier­en, Ausschüsse abzuhalten und Allianzen mit anderen Klubs zu bilden.

Das Ergebnis war ein Gesetzeste­xt, der schließlic­h im Plenum debattiert wurde und zur Abstimmung kam. Den Vorsitz führte Bundestags­präsident Mario Lindner.

Einigen konnten sich die fünf Klubs auf eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätze­n oder eine Freiheitss­trafe bis zu zwei Jahren. Außerdem wollten die Jugendlich­en Sozialstun­den als Strafmaßna­hme einführen. Macht sich jemand beispielsw­eise der Hetze gegen Flüchtling­e schuldig, soll er mit Flüchtling­en arbeiten.

Wird öffentlich zu Gewalt gegen andere aufgerufen – in einem Druckwerk, im Rundfunk oder im Netz – soll das härter bestraft werden, nämlich mit einer Geldstrafe bis zu 1100 Tagessätze­n oder einer Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren.

Damit es nicht so weit kommt

Auch Lehrer und Lehrerinne­n sollten als Autoritäts­personen härter bestraft werden, finden die Lehrlinge, ebenso Personen des öffentlich­en Lebens.

Schließlic­h führten die Lehrlinge auch eine weitere schützensw­erte Gruppe ein: Menschen „mit anderen besonderen Merkmalen“.

Um Hetze im Netz vorzubeuge­n, schlugen die Lehrlingsf­raktionen mittels Entschließ­ungsanträg­en mehrere Prävention­smaßnahmen vor. Darunter: Sensibilis­ierungswor­kshops an Schulen und dass im Geschichte­unterricht weniger Kriegsfilm­e gezeigt werden, stattdesse­n sollten verstärkt Friedenspr­ozesse thematisie­rt werden.

Außerdem gefordert: Ein Formular im Netz, um Hetze anonym anzeigen zu können. Die Regierung müsse außerdem an einem Gesetz arbeiten, dass Betreiber von Social-Media-Plattforme­n verpflicht­et, hasserfüll­te Postings schneller zu löschen.

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