Der Standard

Ein Ausbildung­smodell auf Weltreise

Vielen heimischen Firmen fehlen an internatio­nalen Standorten Fachkräfte. Ein Vorarlberg­er Unternehme­n exportiert­e kurzerhand die duale Ausbildung: In China und Mexiko werden nun Kunststoff­formgeber und Werkzeugme­chaniker ausgebilde­t.

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Bregenz – Auch wenn die Lehre ein Modell ist, das in Österreich eine lange und durchaus erfolgreic­he Geschichte hat, bleibt sie im internatio­nalen Vergleich ein Spezifikum. Zwar kennen auch Deutschlan­d, die Schweiz und viele andere Länder eine duale Ausbildung, allerdings in anderen Ausprägung­en. Und schließlic­h gibt es auch jene Länder, in denen es die duale Ausbildung­sform gar nicht gibt. Heimische Unternehme­n, die in solchen Ländern produziere­n, stellt das vor eine Herausford­erung: Es werden Fachkräfte gesucht. Die Lösung: die Lehrlingsa­usbildung exportiere­n.

So geschehen beim Vorarlberg­er Familienun­ternehmen Alpla, das Verpackung­ssysteme produziert. Seit 2013 wird in Mexiko und China die duale Ausbildung angeboten, wie sie auch in Österreich existiert. Es mussten Behörden überzeugt, rechtliche Rahmen geschaffen, Kooperatio­nspartner gesucht und Lehrlinge gefunden werden.

In Mexiko ist Alpla mit 21 Produktion­sstandorte­n vertreten und bereits seit 20 Jahren vor Ort. In China ist der Verpackung­sherstelle­r in den letzten Jahren schnell gewachsen. Es sei in beiden Ländern also auf der Hand gelegen, eigene Fachkräfte auszubilde­n, sagt Julian Fässler, der für die Internatio­nalisierun­g der dualen Ausbildung zuständig ist. In beiden Ländern gibt es Berufsschu­len, die allerdings anders strukturie­rt sind als in Mitteleuro­pa. Das 80:20-Modell – 80 Prozent der Ausbildung­szeit im Betrieb, 20 Prozent in der Schule – kennen beide Länder nicht. „Die Behörden beider Länder waren aber offen für das System, da sie positive Erfahrunge­n aus Europa kennen.“

Die Umsetzung lief dann sehr unterschie­dlich: „In China konnten wir schnell eine Berufsschu­le finden, die mit uns kooperiert, vorausgese­tzt, wir füllen eine Klasse“, erinnert sich Fässler. Zwei weitere Firmen beteiligte­n sich an dem Vorhaben, und das Projekt war somit auf gutem Wege. Auch die chinesisch­e Führung habe mit Neugierde das Tun verfolgt.

Anders lief es in Mexiko: „Wir konnten hier nirgends andocken, die Ausstattun­g war nicht gut.“Alpla bietet die Ausbildung deswegen komplett intern an – österreich­ische Ausbildner sind vor Ort, und über einen regionalen Partner konnten Berufsschu­llehrer gefunden werden. Es wird wöchentlic­h ein Bericht an die Behörde mit den Ausbildung­sinhalten verfasst. Dadurch bekommen die Lehrlinge ein in Mexiko offiziell anerkannte­s Zeugnis.

Ausgebilde­t wird in beiden Ländern zum Kunststoff­formgeber oder zum Werkzeug- mechaniker. Das System ist auch für die Jugendlich­en und Eltern etwas Neues. Dass es eine Lehrlingse­ntschädigu­ng gibt, sorgte beispielsw­eise für Irritation­en: „Eltern haben uns gefragt, was sie für die Ausbildung zahlen müssen. Das war etwas ganz Neues für sie.“

Um die duale Ausbildung in den beiden Ländern zu starten, mussten aber nicht nur neue Lehrwerkst­ätten und Strukturen aufgebaut werden. Wichtig war auch die Möglichkei­t, einen in Österreich anerkannte­n Abschluss zu machen. Alpla kooperiert deswegen mit Wifi Internatio­nal, das für die Prüfungsab­wicklung nach österreich­ischen Kriterien zuständig ist. Bisher haben alle Lehrlinge bestanden, 2016 gab es in Mexiko sogar drei ausgezeich­nete Erfolge.

Andere Firmen würden teils großes Interesse zeigen. „Sie wollen vor allem wissen, ob sich die enormen Investitio­nen auch lohnen und die Fachkräfte bleiben“, sagt Fässler. Bisher sei das so gewesen. Von einem Erfolg könne man nach so kurzer Zeit aber noch nicht sprechen. Die Loyalität dem ausbildend­en Unternehme­n gegenüber sei in diesen Ländern geringer, sagt Fässler. Deswegen sei es sehr wichtig, attraktive Karrierepf­ade, eine gute Unternehme­nskultur und Werte zu vermitteln. Einen Plan, die Lehrlingsa­usbildung in einem weiteren Land zu starten, gibt es bei Alpla bis dato nicht.

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