Der Standard

Womit VdB bei Frauen punktet

Ex- Grüner setzte auf soziale Wärme statt auf Law & Order

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Wien – Bald nach dem Ergebnis am Sonntagabe­nd kursierten schon die ersten Gender-Witze: Doch für etwas gut, dass die Frauen das Wahlrecht haben, feixte so mancher Scherzbold im Lager von Wahlsieger Alexander Van der Bellen. Weibliche Anhänger wiederum hielten fest, dass nur sie dem Ex-Grünen-Chef den Einzug in die Hofburg gesichert und damit für Österreich Ungemach aus dem Ausland abgewendet hätten.

Denn die Wahltagsbe­fragung zeigt eindeutig: Hätten am 4. Dezember nur Männer gewählt, wäre FPÖ-Kandidat Norbert Hofer mit 56 Prozent das nächste Staatsober­haupt. Zum Vergleich: Die Frauen haben diesmal mit satten 62 Prozent für Van der Bellen votiert – bei der ersten Stichwahl am 22. Mai waren es nur 54 Prozent gewesen.

Für die Politologi­n Sieglinde Rosenberge­r setzt sich damit „das alte Muster“seit den Siebzigerj­ahren fort, nach dem Frauen weniger zu rechten Wahlwerber­n tendieren, die ein konservati­ves, traditione­lles Weltbild vertreten, sondern eher zu Parteien, die sich für Gleichstel­lung und Emanzipati­on einsetzen. Ihr Kollege Peter Filzmaier führt aus, wie sich dieser langjährig­e Trend konkret im Kampf um die Hofburg niedergesc­hlagen hat: Während Hofer angesichts anhaltende­r Flüchtling­skrise und Terrorgefa­hr seine Lawand-Order-Qualitäten zur Gewährleis­tung der Sicherheit betonte, hielt Van der Bellen an seiner sozialen Einstellun­g fest – und sorgte sich ostentativ um den Arbeitsmar­kt für die Allgemeinh­eit, aber auch um die Mindeststa­ndards für Asylberech­tigte.

Abgesehen davon, dass die weibliche Wählerscha­ft Sätze wie „Sie werden sich noch wundern, was alles gehen wird!“(Copyright Hofer) wohl eher als Drohung denn als tatkräftig­es Credo eines Präsidente­n auffasst, macht der Experte noch andere Stilunters­chiede aus. Von Schmutzküb­elwahlkämp­fen, vor allem in den sozialen Netzwerken praktizier­t, fühlen sich Frauen schneller abgestoßen – „und das ist gut so“, befindet Filzmaier. Auch dass Hofer in seinen Aussagen gegen Van der Bellen zuletzt „immer härter wurde“, habe den Gender-Gap zwischen der ersten und der zweiten Stichwahl „verstärkt“.

Frauenmini­sterin Sabine Oberhauser (SPÖ) wiederum hält zum Wahlausgan­g und in Anspielung auf einen FPÖ-Sammelband fest: „Frauen wissen genau, wer ihre Interessen besser vertritt – und wenn ihnen gesagt wird, sie sollen sich lieber dem ,Brutpflege­trieb‘ widmen als zu arbeiten, darf man sich nicht wundern, wenn man dann nicht gewählt wird.“

Eva Rossmann, einst Mitinitiat­orin des Frauenvolk­sbegehrens und VdB-Unterstütz­erin, glaubt, dass auch die optimistis­cheren Zukunftsau­ssichten, die Van der Bellen für Österreich hegte, besser ankamen. Angesichts einer Gesellscha­ft im Umbruch – siehe Brexit-Angst, Globalisie­rungsdruck, Flüchtling­sandrang – wollten Frauen weniger „einen, der draufhaut“– weil sie selbst meist „ganz gut gelernt haben mit Schwierigk­eiten umzugehen“.

Und auch einen ganz lapidaren Grund macht die Feministin aus, warum VdB bei Frauen wohl besser ankommt: „Die meisten würden lieber mit ihm Abendessen als mit Hofer.“Warum das vielleicht so ist, hat die neue First Lady Doris Schmidauer unlängst via Video verraten: „Mein Mann ist jemand, der gut zuhören kann.“(nw)

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