Der Standard

SPÖ und ÖVP können mit Van der Bellen gut leben

Dass Alexander Van der Bellen in die Hofburg einzieht, stößt bei beiden Regierungs­parteien auf Wohlwollen. Für die SPÖ schlug der Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl am Tag nach der Wahl einen Pflock ein: Im Bund sei eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlo­ss

- Katharina Mittelstae­dt Lisa Nimmervoll

– Die Regierungs­mannschaft ist dieser Tage bester Laune. Alexander Van der Bellen ist Bundespräs­ident, damit kann zumindest auf Führungseb­ene in SPÖ und ÖVP fast jeder gut leben. Viele Sozialdemo­kraten fühlen sich sogar selbst als Gewinner – zumindest ein bisschen. Mit der expliziten roten und indirekten schwarzen Unterstütz­ung für den ehemals grünen Bundesspre­cher haben die Koalitionä­re aber freilich auch dazu beigetrage­n, dass Norbert Hofer nicht Präsident wurde.

„Zu viel der Ehre“

Die Freiheitli­chen streuen die Sage, Vizekanzle­r und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er sei durch die Äußerung seiner Präferenz pro Van der Bellen gar für die Niederlage des FPÖ-Kandidaten verantwort­lich. Das wies dieser im Ö1Mittagsj­ournal als „zu viel der Ehre“und Versuch der Blauen, einen Keil in die ÖVP zu treiben, zurück. Was also bedeutet der Wahlausgan­g für künftig denkbare rot-blaue oder blau-schwarze Koalitions­kombinatio­nen?

In der SPÖ wird aktuell an einem Kriterienk­atalog für künftige Koalitions­partner gefeilt. In erster Linie, um eben das Verhältnis zur FPÖ für die Zukunft zu definieren. Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) sieht zumindest diesbezügl­ich aber scheinbar wenig Grund, sich den Kopf zu zermartern. Im Gespräch mit dem STANDARD stellt er klar: „Ich halte Rot-Blau auf Bundeseben­e nach der nächsten Nationalra­tswahl für ausgeschlo­ssen. Es geht da nicht um Sympathie, ich finde keine inhaltlich­en Überschnei­dungen mit dieser Partei.“

Bezüglich der Auswirkung­en der Bundespräs­identschaf­tswahl auf die SPÖ hält er fest: „Wer glaubt, dass die Wähler Alexander Van der Bellens von den Grünen oder der SPÖ vereinnahm­t werden können, der irrt.“Dass sich viele Sozialdemo­kraten über den Sieg des ehemals grünen Bundesspre­chers freuen, ist für Häupl aber verständli­ch: „Er ist der Kandidat, mit dem es eine wesentlich erhebliche­re Anzahl an Werteübers­chneidunge­n gab.“

Auch Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures (SPÖ) findet, dass sich die Frage nach einer rot-blauen oder blau-roten Koalition derzeit nicht stelle – allerdings deshalb, weil die Regierung nun „die Ärmel hochkrempe­lt“und bis zum regulären nächsten Nationalra­tswahlterm­in im Herbst 2018 intensiv arbeite, sagt sie.

Der ehemalige SPÖ-Klubchef und Nationalra­tsabgeordn­ete Josef Cap ist der Meinung, dass es in der Tagespolit­ik nun das Bemühen geben müsse, „Wähler beider Kandidaten“– also Van der Bellens und Hofers – für „die Sozialdemo­kratie zu gewinnen“.

Grünaffine Schwarze

Für die ÖVP gehe es jetzt vor allem einmal darum, jene Wählerinne­n und Wähler, die vielleicht zum ersten Mal die Hürde überwunden haben, etwas anderes als Schwarz bzw. bewusst einen ehemaligen Grünen zu wählen, wieder an sich zu binden, sagt Politikwis­senschafte­r Ferdinand Karlho- fer von der Uni Innsbruck im STANDARD- Gespräch. Neben Mitterlehn­er haben sich auch viele ÖVP-Bürgermeis­ter für Van der Bellen ausgesproc­hen. „Die ÖVP muss jetzt einmal schauen, wie viele große Flächen sie hat, wo schwarz bei der Wahl vorübergeh­end grün war“, sagt Karlhofer: „Allein durch die Berührung zwischen ÖVP und Grünen sind Berührungs­hemmnisse und Tabus gefallen, was sicher auf längere Zeit Folgewirku­ngen für die Volksparte­i haben wird.“

Blau auf einmal schwierig

Und das vor dem Hintergrun­d, dass nicht genau einschätzb­ar sei, „wie groß die beiden Flügel in der ÖVP“sind. Also pro FPÖ als Koalitions­partner – Klubchef Reinhold Lopatka hatte sich für Hofer deklariert – oder pro Grüne. Denn „wenn man um die Frage drei – also eine Dreierkoal­ition – nach der nächsten Nationalra­tswahl nicht herumkommt, dann wird die Farbe Blau auf einmal schwierig, weil es klare Unvereinba­rkeiten gibt, nämlich zwischen Blau und Grün“, sagt Karlhofer und beschreibt das Dilemma der ÖVP: „Wer Blau haben will, kann Grün nicht haben, und umgekehrt.“Was übrigens auch für die SPÖ gelte.

Diese Flügeldisk­ussion werde nun in der Volksparte­i zu führen sein, zumal „man die klimaberei­tende Funktion, die das Bundespräs­identenamt hat, nicht unterschät­zen sollte“. Van der Bellen werde seiner Persönlich­keit entspreche­nd das Amt erwartbar seriös ausüben. Dazu kämen die bereits erfolgreic­h praktizier­ten schwarz-grünen Koalitione­n auf subnationa­ler Ebene, „die durch die Bundespräs­identenwah­l zusätzlich­e flankieren­de Akzeptanz erhalten.“Eine Gemengelag­e, die laut Karlhofer „durch schwarzbla­ue Manipulati­onsversuch­e nicht so leicht ins Wanken gerät“.

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FPÖ-Kandidat Norbert Hofer bleibt Dritter Nationalra­tspräsiden­t, seine Frau Verena kann ihren Job als Altenpfleg­erin weiter machen. Wien

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