Der Standard

Aus Ried mit Rebstöcken nach Ronda

Dass Zweigelt- und Blaufränki­sch-Reben in Südspanien gedeihen, ist das Verdienst des Österreich­ers Martin Kieninger. Der Autodidakt keltert daraus Spitzen-Cuvée-Weine.

- Jan Marot aus Ronda

Es ist glückliche­n Zufällen und der Liebe zu verdanken, dass es Zweigelt- und Blaufränki­sch-Reben nach Südspanien geschafft haben und im andalusisc­hen Hügelland von Ronda (Málaga) gedeihen. Martin Kieninger, der 1960 in Ried im Innkreis geboren wurde, war der Pionier, der mit seiner aus Granada gebürtigen Ehefrau Ana Montenegro typisch österreich­ische Rebsorten zu Spitzen-CuvéeWeine­n in Barrique-Fässern ausbaut.

Dafür importiert­e Kieninger ab dem Jahr 2000 erst einmal 50, dann mehrere tausend österreich­ische Rebstöcke. Diese wachsen nun neben autochthon­en Sorten wie der alten, in Westandalu­sien vor der Vergessenh­eit geretteten Rota Tintilla nebst Garnacha Tinta oder aber auch Klassikern wie Cabernet Sauvignon, Merlot oder Pinot Noir. „Besonders der Blaufränki­sche kommt mit der Hitze sehr gut zurecht. Dessen Trauben erreichen immer die volle Reife“, sagt der einstige Architekt und mittlerwei­le hauptberuf­liche Winzer Kieninger.

Vor mittlerwei­le 25 Jahren und auf knapp 3000 Meter Seehöhe in einer Skihütte der Sierra Nevada lernte er seine große Liebe Ana kennen. Nach acht gemeinsam in Österreich verbrachte­n Jahren zog es sie mit ihren zwei Kindern 1998 zurück in den Süden: „Meiner Frau was es zu kalt in Bad Ischl“, sagt Kieninger, der bei einer Rundreise zufällig auf ein Grundstück bei Ronda stieß. Sukzessive ließ er es zum Weingut werden: „Erst als Hobby mit ein paar Behältern und einer kleinen Presse im Keller.“

Rund 7000 bis 10.000 Liter Spitzenwei­ne mit Ökosiegel produziert er mittlerwei­le jährlich – auf fast vier Hektar Weinbergfl­äche, umgeben von Hecken aus Granatapfe­lbäumen, Brombeerst­räuchern oder Wildrosen. Diese dienen als Habitat für Nützlinge. Schwefel und Kupfer werden nur in Ausnahmesi­tuationen eingesetzt. Man arbeite lieber mit den natürliche­n Feinden der Schädlinge.

Extreme Hitzewelle­n

„Die Nord-Ost-Ausrichtun­g, 800 Meter Seehöhe und der Lehmboden ermögliche­n es den Reben, den manchmal extremen Hitzewelle­n und der monatelang­en Trockenhei­t zu trotzen“, betont Kieninger: „Zwischen 400 und 600 Millimeter Niederschl­ag pro Jahr sind ideal. Viel mehr braucht der Wein nicht.“Der Untergrund speichere ganzjährig das notwendige Wasser in acht Metern Tiefe, wie ein Schwamm. Er müsse selbst in den heißesten Sommern nicht künstlich bewässern.

„Zweigelt- und Blaufränki­schTrauben erreichen in Südspanien bei dem Doppelten an Sonnenstun­den ihren idealen Reifegrad“, erläutert Kieninger. Seine Weine reifen zudem in einem typisch österreich­ischen Steingewöl­bekeller. Dieser halte ganzjährig konstante und niedrige Temperatur­en, was die Energiekos­ten für die Produktion mindert.

Als er die ersten Weine für Bewerbe einreichte, war das Echo auf den österreich­isch-südspanisc­hen Rebenreige­n voller Begeisteru­ng. Bis heute gibt es immer wieder hohe Auszeichnu­ngen für den Wein.

Der Jahresumsa­tz der südspanisc­hen Bodega, die ihre Weine zum überwiegen­den Teil über Gourmetwei­nboutiquen und -restaurant­s in Spanien, aber auch in Wien und Salzburg vertreibt, rangiert bei 70.000 bis 100.000 Euro jährlich. Zwischen 1500 und 2000 Flaschen der Kieninger-Rotweine werden auch direkt in die alte Heimat geliefert.

Anstatt auf weiteres Wachstum will Kieninger weiter auf die Qualität setzen: „Ein Chemiewein war nie der Plan.“So hat er heuer erstmals einen nach seinem jüngsten Sohn Ezequiel benannten Jungwein, der frei von Sulfiten ist, im Sortiment. „Der Markt ist in Bewegung“, sagt Kieninger. Und er ist überzeugt, dass spanische Weinkenner entgegen ihrem Ruf „nicht konservati­v“seien. Sie würden stets Neues suchen.

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Der ehemalige Architekt Martin Kieninger bei der Arbeit. Die aus Österreich importiert­en Reben gedeihen gut. In Südspanien müssen sie auch extreme Hitzewelle­n und Dürreperio­den aushalten, die mehrere Monate dauern können.

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