Der Standard

Erde essen dürfte entgiftend sein – und kann süchtig machen

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Wien – 30 bis 80 Prozent der Menschen in Afrika, insbesonde­re Frauen, essen regelmäßig lehmhaltig­e Erde. Bei dieser Gewohnheit, wissenscha­ftlich Geophagie genannt, werden täglich immerhin zwischen 100 und 400 Gramm konsumiert. „Vor allem schwangere und stillende Frauen haben praktisch immer Erde dabei. Man kann das am Markt günstig erwerben“, sagt Ruth Kutalek vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien.

Die Ursache dieser Gewohnheit, die früher auch in Europa und Asien weit verbreitet war, ist noch ungeklärt und weitgehend unerforsch­t. Jetzt konnte eine Studie an der MedUni Wien zeigen, dass es sich dabei um ein suchtartig­es Verhalten handelt, wie Kutalek mit drei Nachwuchsf­orschern im American Journal of Tropical Medicine and Hygiene berichtet. Die Autoren sehen es ähnlich wie Heißhunger auf Schokolade oder als eine Art „Belohnung“.

Bindung von Giftstoffe­n

Es gibt aber auch einen medizinisc­hen Hintergrun­d: In der Erde sind Lehmanteil­e enthalten, die Giftstoffe binden, ähnlich wie in Kohletable­tten. Diese Lehmanteil­e können den pH-Wert der Magensäure beeinfluss­en und gegen Sodbrennen wirken. Zudem gibt es Hinweise, dass die Erde gegen Schwangers­chaftsübel­keit wirkt.

Übrigens greifen aus Afrika stammende Migranten auch hierzuland­e aus Gewohnheit zu Erde. Portionier­t gibt es das „Suchtmitte­l“in exotischen Supermärkt­en zu kaufen. (red)

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