Der Standard

Tendenz bei Pisa-Ergebnisse­n geht nach unten

Österreich ist laut der aktuellen Pisa- Studie durchschni­ttlich, die Testergebn­isse haben sich in allen Bereichen verschlech­tert. Auch die Zahl der Risikoschü­ler steigt.

- Oona Kroisleitn­er

Als „inakzeptab­les Ergebnis“bezeichnet­e Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) am Dienstag die österreich­ische Wertung bei der Pisa-Studie 2015. Rund 540.000 Schüler im Alter von 15 Jahren stellten sich weltweit – stellvertr­etend für 29 Millionen in den Schulen der 72 teilnehmen­den Länder und Volkswirts­chaften – den Testfragen. In Österreich wurden 7007 Schüler aus 269 Schulen geprüft.

Zwar liegen die Schüler hierzuland­e in den Naturwisse­nschaften im OECD-Schnitt, die Ergebnisse im Dreijahres­vergleich zeigen dennoch eine „signifikan­te Tendenz nach unten“, heißt es seitens der OECD. In Mathematik liegen die österreich­ischen Schüler mit einem durchschni­ttlichen Ergebnis von 497 Punkten sogar über dem OECD-Schnitt von 490 Punkten. Die Lesekompet­enz lässt hingegen stark zu wünschen übrig: Hier liegen die Ergebnisse mit einer Punktezahl von 485 deutlich unter dem OECD-Schnitt von 493.

Viel Risiko, wenig Chancen

Obwohl Österreich im Länderverg­leich stagniert, haben sich die Schüler in allen drei geprüften Themenbere­ichen – Naturwisse­nschaften, Lesen und Mathematik – im Vergleich zur letzten Studie vor drei Jahren punktemäßi­g verschlech­tert. „Das ist ein Befund, der uns zum Handeln auffordert“, sagte Hammerschm­id. Auch die Zahl der Risikoschü­ler, also jener, die unter den Grundkompe­tenzen abschneide­n, ist in allen Bereichen im Vergleich zu 2012 gestiegen. Fast jeder dritte getestete Schüler gehört in zumindest einem Testgebiet zur Gruppe der Risikoschü­ler, die „gravierend­e Mängel“aufweisen. 13 Prozent sind sogar in allen drei Gebieten in der Risikogrup­pe zu finden. Insgesamt liegt Österreich mit diesem Wert exakt im OECD-Schnitt.

Auch in puncto Chancenger­echtigkeit hinkt Österreich stark hinterher: Hier wird Bildung noch immer deutlich stärker vererbt als im OECD-Schnitt. 16 Prozent der Differenz in der Leistung hängen vom sozioökono­mischen Status ab. Der OECD-Schnitt liegt bei nur 13 Prozent. In allen Themenbere­ichen erreichen Schüler, deren Eltern maximal einen Pflichtsch­ulabschlus­s haben (das trifft auf sechs Prozent der Schüler zu), im Gegensatz zu jenen mit Eltern, die eine Universitä­t oder Fachhochsc­hule besucht haben (34 Prozent), zwischen 99 und 102 Punkte weniger. „Das sind in etwa zwei Lernjahre, die Jugendlich­e aus bildungsfe­rnen Gruppen hinterher sind“, erklärte Simone Breit von Bildungsfo­rschungsin­stitut Bifie, das die Studie in Österreich durchgefüh­rt hat. Einen Lernunters­chied zeigen auch Schüler mit und ohne Migrations­hintergrun­d: 70 Punkte trennen die zwei Gruppen, wobei sich der Abstand seit 2006 (90 Punkte Unterschie­d) in den vergangene­n Jahren verkleiner­t hat.

Ganz vorn dabei ist Österreich im Bereich der Geschlecht­erungleich­heit. Sowohl in Mathematik als auch in den Naturwisse­nschaften sind die „Leistungsu­nterschied­e internatio­nal am größten“, sagte Breit. In den Naturwisse­nschaften erreichen Buben 19, in Mathematik sogar 27 Punkte mehr als die Mädchen. Für Hammerschm­id sind diese Zahlen „ein Schock“. Daher müsse gerade in der Ausund Fortbildun­g der Lehrer ein Schwerpunk­t auf gendersens­ible Pädagogik gelegt werden. „Es ist an der Zeit, dass wir Mädchen mit anderen Konzepten und Vorschläge­n erreichen und motivieren.“

Im OECD-Schnitt sind die geschlecht­sspezifisc­hen Unterschie­de der Leistungen in Naturwisse­nschaften – die heuer im Fokus der Studie standen – mit vier Punkten gering. Allerdings ist der Anteil der leistungss­tarken Schüler in 33 Ländern und Volkswirts­chaften unter Buben größer als unter Mädchen. Finnland ist das einzige Land, in dem Mädchen mit größerer Wahrschein­lichkeit zu den leistungss­tarken Schülern zählen als Buben.

Etwa acht Prozent der Schüler im OECD-Raum gehören in den Naturwisse­nschaften zur Kategorie der besonders leistungss­tarken Schüler. Gleichzeit­ig liegen rund 20 Prozent der Schüler unter dem Grundkompe­tenzniveau und sind nicht imstande, einfache Inhalte und Vorgehensw­eisen zu nutzen. In Österreich gehören dieser Riskogrupp­e 21 Prozent an. Vor drei Jahren waren es 16. Acht Prozent gehören zur Spitzengru­ppe.

Buben holen im Lesen auf

Ungefähr 20 Prozent der Schüler gelingt es im OECD-Schnitt nicht, mit ihrer Leseleistu­ng das Grundkompe­tenzniveau zu erreichen. Dieser Anteil ist seit 2009 weitgehend unveränder­t geblieben. In Österreich gehört sogar knapp ein Viertel (23 Prozent) zu diesen Risikoschü­lern, sie weisen grobe Mängel beim Leseverstä­ndnis auf. Die Zahl ist im Vergleich zu 2012 sogar gestiegen. Damals waren es 20 Prozent. Nur sieben Prozent erreichen Spitzenwer­te.

Im OECD-Schnitt holten die Buben bei dem traditione­ll starken Bereich der Mädchen seit 2009 um zwölf Punkte auf. Die Leistungen der Buben verbessert­en sich, wohingegen sich die Mädchen verschlech­terten. In Österreich verbessert­en sie sich um 17 Punkte.

In Mathematik schneidet Asien am besten ab: Singapur, Hongkong, Macau und Taiwan liegen vorn. Das stärkste OECD-Land in diesem Bereich ist Japan. Österreich ist Durchschni­tt. Die Lösungen, um aus der „Durchschni­ttsfalle“zu kommen, liegen laut Hammerschm­id „auf dem Tisch“: Die Ganztagssc­hule solle die Leistung steigern. „Durch die ganztägige Schulform können wir jedem Kind entgegenko­mmen“, sagte die Ministerin. Das Lernen solle in der Schule durch Pädagogen unterstütz­t stattfinde­n. Das Autonomiep­aket mache zudem einen „individual­isierten Unterricht“möglich.

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Foto: APA / Herbert Neubauer Ministerin Sonja Hammerschm­id.

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