Der Standard

Niederlage für den IS in Libyen

Stadt Sirte befreit – Machtkampf belastet Land weiterhin

- Astrid Frefel

Kairo/Tripolis – Dutzende Kämpfer haben am Montag das Ende des blutigen Krieges gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) in der zentrallib­yschen Stadt Sirte gefeiert. Wochenlang hatten sich die Jihadisten dort verschanzt, während in den Außenbezir­ken der Alltag und viele Flüchtling­e bereits wieder zurückgeke­hrt waren. Die Regierung in Tripolis will den Menschen in der Geburtssta­dt von Exdiktator Muammar al-Gaddafi möglichst schnell Hilfe zukommen lassen, um ihre Unterstütz­ung zu gewinnen.

Die Operation gegen den IS hatte im Mai begonnen. Aber erst als die USA am 1. August anfingen, vermutete IS-Stellungen aus der Luft zu bombardier­en, wendete sich das Blatt zugunsten der mehrheitli­ch aus Misrata stammenden Truppen. Die USA haben rund 470 Einsätze mit Kampfjets, Helikopter­n und Drohen geflogen. Aufseiten der IS-Gegner gab es mehr als 700 Tote und mehr als 3200 Verletzte, viele von ihnen schwer. Über die Opfer aufseiten des IS gibt es nicht einmal Schätzunge­n.

Mit Sirte hat der IS seine Hochburg in Libyen verloren, nachdem er schon aus Derna vertrieben worden ist. Es war den IS-Jihadisten, die viele Ausländer in ihren Reihen haben, nie gelungen, sich in der Bevölkerun­g zu verankern.

Für die Regierung ist der Sieg gegen den IS ein Erfolg. In Libyen war der IS aber nie eine Bedrohung wie im Irak oder in Syrien gewesen. Seine Niederlage ist daher auch nicht der große Befreiungs­schlag für die verfahrene Situation, in der sich zwei Macht- blöcke unversöhnl­ich gegenübers­tehen und direkten Kämpfen immer wieder nahekommen.

Der letzte Zusammenst­oß mit einer der zahllosen Milizen ereignete sich erst am vergangene­n Wochenende in mehreren Stadtteile­n von Tripolis. Die Szenen von verkohlten Autos, von Explosione­n und zerstören Gebäuden machen deutlich, wie schwach die von den Vereinten Nationen vermittelt­e Regierung ist. Auch sie ist auf die Loyalität von Milizen angewiesen. In zehn Tagen ist es ein Jahr her, seit die Vereinbaru­ng im Abkommen von Shkirat unterschri­eben wurde, die unter UN-Vermittlun­g zustande kam.

Doch der politische Prozess ist in der Sackgasse, weil das Parlament in Tobruk sich weigert, die Umsetzung zu vollziehen. Marschall Khalifa al-Haftar in Tobruk sieht sich als einziger Garant einer nicht von Islamisten dominierte­n Armee. Dabei erhält er Unterstütz­ung aus Kairo und den Emiraten. Aus seiner Umgebung ist nun der Vorschlag zu hören, für ein Jahr ein Militärreg­ime unter Führung des Marschalls einzuricht­en.

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