Der Standard

Die ambivalent­e Rolle von privaten Geldgebern in der Forschung

Geld aus Stiftungen gewinnt an Bedeutung für die Wissenscha­ft – die Transparen­z privater Gelder soll noch verbessert werden

- Robert Prazak

Wien – Derzeit spielen gemeinnütz­ige Stiftungen bei der Finanzieru­ng von Forschung in Österreich noch kaum eine Rolle, doch das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Die Rahmenbedi­ngungen für das erwartete Anschwelle­n des Geldflusse­s aus Stiftungen in Richtung Forschung und Bildung wurden vergangene Woche beim Symposium „WissenST!FTEN. Wie Neues entsteht“des Verbands für gemeinnütz­iges Stiften und des Wissenscha­ftsministe­riums in Wien diskutiert.

Der Hintergrun­d: In Österreich sind drei Viertel aller Stiftungen eigennützi­g, nur knapp sieben Prozent haben einen rein gemeinnütz­igen Charakter. Die jährlichen Ausgaben der österreich­ischen Stiftungen für gemeinnütz­ige Zwecke betragen bescheiden­e 20 bis 25 Millionen Euro. Zum Vergleich: In Deutschlan­d sind es 15 Milliarden, in der Schweiz 1,2 Milliarden.

Durch das neue Bundesstif­tungs- und Fondsgeset­z (BStFG) soll nun aber die Errichtung gemeinnütz­iger Stiftungen gefördert werden. Darin wird unter anderem bestimmt, dass Privatstif­tungen beim Spenden Privatpers­onen gleichgest­ellt sind, außerdem gibt es Erleichter­ungen bei der Gründung. Schätzunge­n des Wissenscha­ftsministe­riums zufolge könnten bis 2030 rund tausend weitere gemeinnütz­ige Stiftungen in Österreich gegründet werden, derzeit sind es nicht einmal 200.

Die wachsende Bedeutung von Stiftungsg­eldern für die Forschung wurde zuletzt durch eine Meldung des Wissenscha­ftsfonds FWF unterstric­hen: Für Grundlagen­forschung konnten zwei neue Geldgeber gefunden werden: Die Herzfelder’sche Familienst­iftung unterstütz­t Zellforsch­ung, die gemeinnütz­ige Internet-Privatstif­tung eine Art „geistige Breitbandi­nitiative“, mit der das Internet in Österreich gefördert werden soll.

Aktive Geldgebers­uche

Auch für die Med-Uni Wien werden private Geldgeber immer wichtiger, wie Rektor Markus Müller berichtet: „Wir gehen aktiv auf Leute zu, werden aber auch kontaktier­t.“Wegen der Finanznot seien Instrument­e wie Stiftungsp­rofessuren notwendig. Cornelia Sonntag, Vorsitzend­e der Galenus-Privatstif­tung, weist darauf hin, dass es gar keine riesigen Summen braucht, um etwas zu bewirken: „Es kommt nicht darauf an, Millionen zu bewegen – sondern darauf, Menschen zu bewe- gen.“Geld alleine bestimme nicht die Qualität der Forschung, auch kleine Stiftungen könnten sich gut einbringen. Friedrich Santner, Chef des Grazer Technologi­ekonzerns Anton Paar und Vorstand der Santner-Privatstif­tung, wiederum beklagt das Image der Stifter, die man oftmals mit einem „Fuß im Kriminal“sehen würde. Die Unterschei­dung zwischen Privatund gemeinnütz­igen Stiftungen sei in diesem Zusammenha­ng wichtig.

Tatsächlic­h ist Verschwieg­enheit ein Merkmal vieler Stiftungen. Doch beim Geldfluss von Stiftungen an Institutio­nen wie Universitä­ten wird ausgerechn­et die Transparen­z ein Thema sein. Erst vor kurzem hat die Anti-Korruption­s-NGO Transparen­cy Österreich mehr Offenheit bezüglich der Privatmitt­el für Hochschule­n gefordert, denn es sei nicht immer ganz klar, wer was an wen gibt und was dadurch bewirkt wird. Der Hintergrun­d: Drittmitte­l – also etwa Geld von Privatpers­onen oder Stiftungen – müssen von den Hochschule­n nicht einzeln ausgewiese­n werden.

Kodex für Hochschule­n

Als problemati­sch wird zum Beispiel die Einflussna­hme über Stiftungsp­rofessuren eingestuft. Eine Art Kodex für Hochschule­n, wie mit Geld aus gemeinnütz­igen Stiftungen umgegangen werden kann, ist aber bereits in Ausarbeitu­ng. Sollten alle Spenden offengeleg­t werden, werden anonyme Spenden erlaubt sein? Solche und ähnliche Fragen werden eine Rolle spielen: Dass Stiftungen nur Geld überweisen, aber nicht mitbestimm­en wollen, in welche Richtung die Forschung geht oder was damit erreicht werden kann, ist oft nicht gegeben.

Noch spielen private Spenden an Hochschule­n in Österreich kaum eine Rolle, sie machen etwa rund zwei Prozent des Gesamtaufk­ommens aus. Doch mit dem erhofften Anstieg gemeinnütz­iger Stiftungen wird die Transparen­z in Zukunft von größerer Bedeutung sein.

Die Rektorin der Technische­n Universitä­t Wien Sabine Seidler sagt dazu: „Forschung gibt man ja nicht in Auftrag wie eine Studie.“Vielmehr sollten Forschungs­fragen an die Universitä­ten herangetra­gen werden, aus denen man Projekte entwickeln kann. „Das ist die Freiheit der Forschung: Man kann niemanden zwingen, etwas zu tun.“

Nach Ansicht von Michael Göring, Vorstand des Bundesverb­ands Deutscher Stiftungen, sollte man sich fragen, wo es Nischen in der Wissenscha­ft gibt, in denen Stiftungen mit ihrem insgesamt bescheiden­en Mitteln etwas beitragen können.

Das könnten beispielsw­eise die Geisteswis­senschafte­n sein oder auch die sogenannte­n Orchideenf­ächer, die für den kulturelle­n Zusammenha­lt eines Landes zwar wichtig seien, beim derzeitige­n Fokus auf Themen wie Digitalisi­erung oftmals aber unter den Tisch fallen.

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Foto: Urban Med-Uni-Rektor Markus Müller sind private Gelder wichtig.

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