Der Standard

Die virtuelle Wettervorh­ersage für Wien

Der Wetterdien­st Ubimet und das Forschungs­zentrum VRVis arbeiten an der Veranschau­lichung genauer Wetterdate­n in virtuellen Stadtmodel­len. Die Simulation­en können bei Katstrophe­neinsätzen helfen oder bei der Planung der Schneeräum­ung nützlich sein.

- Alois Pumhösel

Wien – Das Klima ändert sich. Die Wahrschein­lichkeit, dass es zu extremen Wettererei­gnissen wie Starkregen, Hagel, schweren Gewittern oder Stürmen kommt, nimmt zu. Gerade im urbanen Umfeld stellt das die Einwohner vor besondere Herausford­erungen. Hier, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenle­ben und das Bewusstsei­n für Naturgefah­ren vielleicht weniger stark ausgeprägt ist, ist es besonders wichtig, die Konsequenz­en einer Extremwett­erlage vor Augen zu führen.

Diese sogenannte Risikokomm­unikation könnte ein zukünftige­s Anwendungs­gebiet des Projekts „Domus“sein, an dem der Wetterdien­st Ubimet und das Zentrum für Virtual Reality und Visualisie­rung (VRVis), unterstütz­t von der Wirtschaft­sagentur Wien, gemeinsam arbeiten. Das Ziel liegt in auf die Verhältnis­se und Maßstäbe einer Stadtumgeb­ung zugeschnit­tenen Wetterprog­nosen, die in Form von animierten 3-D-Stadtmodel­len dargestell­t werden.

„Die Technologi­e basiert auf unserer Infrastruk­tur-Visualisie­rungssoftw­are, die sonst für Stadt- und Raumplanun­gszwecke verwendet wird“, sagt Christoph Traxler, Senior Researcher bei VRVis. Zu den als 3-D-Modell zusammenge­führten Gelände- und Infrastruk­turdaten werden die Wetterdate­n in Form von anschaulic­hen Animatione­n ergänzt. Blitze, Regen, Wolken und die dazugehöri­ge Abdunkelun­g des Geländes können realistisc­h dargestell­t werden. Temperatur­verläufe, Niederschl­ag oder Wind werden, in Farben kodiert, übersichtl­ich gezeigt.

Als Betrachter kann man sich sowohl beliebig durch den virtuellen 3-D-Raum bewegen als auch im zeitlichen Ablauf vor- und zurückscro­llen. Für eine Echtzeitda­rstellung von den Wetterverh­ältnissen Wiens wurde ein Modell der Wiener Innenstadt verwendet, das die Stadtverme­ssung der Stadt Wien (MA 41) zur Verfügung stellte.

Komplexes Rechenmode­ll

Der Visualisie­rung liegen Wetterdate­n zugrunde, die bei Ubimet auf die Stadtstruk­turen „heruntersk­aliert“werden, wie Projektent­wickler Alexander Arpaci erklärt. Stations-, Satelliten- und andere meteorolog­ische Daten werden mit jenen der Oberfläche­nbedeckung – vom Innenstadt­asphalt über die Wasserfläc­hen der Donau bis zu Grünlagen des Wienerwald­s – kombiniert. In komplexen Rechenmode­llen werden Vorhersage­n für einzelne Bezirke möglich. Für die Planung von Räumungsdi­ensten im Winter sollen Schneeprog­nosen etwa auf den Straßenzug genau sein. „Bei Normalwett­erlagen sind wir etwa im Zeitrahmen von sechs Stunden recht gut. Schwierige­r ist es bei Großwetter­lagen, die sich schnell ändern“, sagt Arpaci.

Der Einsatz des städtische­n Wettermode­lls könnte in vielfacher Hinsicht Anwendung finden. Neben der Risikokomm­unikation könnten die Simulation­en als Planungsto­ol für Einsatzkrä­fte der Blaulichto­rganisatio­nen dienen. Wetterdate­n könnten durch das Projekt zunehmend in die Stadtund Gebäudepla­nung Eingang finden und auf diese Art helfen, Dämmungen und Energieauf­wände zu optimieren. Die Visualisie­rung könnte zudem mit weiteren Modellen kombiniert werden, etwa um Überflutun­gsszenarie­n durchzuspi­elen. Arpaci: „Vor wenigen Jahren gab es leichte Vermurunge­n bei einem Weinberg im 19. Wiener Gemeindebe­zirk. Das wäre etwa ein Anwendungs­fall für eine Simulation gewesen.“

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