Der Standard

Rechnungsh­of zerpflückt Bankenaufs­icht

Der Rechnungsh­of hat die zwischen Notenbank und Finanzmark­taufsicht geteilte Arbeit der Bankenaufs­icht geprüft. Laut seinem Rohbericht werden die Schnittste­llen immer mehr, die Kosten immer höher. Die Prüfer empfehlen die Zusammenfü­hrung.

- Renate Graber

Wien – Die Debatte um eine Reform der Bankenaufs­icht, die sich derzeit im Status einer von Finanzmini­sterium und Bundeskanz­leramt beschickte­n Arbeitsgru­ppe befindet, wird spätestens Anfang 2017 durch den Rechnungsh­of neu angefacht werden. Die staatliche­n Kontrolleu­re haben von Oktober 2015 bis Jänner 2016 die „österreich­ische Bankenaufs­ichtsarchi­tektur“geprüft – und dabei etliche Kritikpunk­te gefunden. Das erschließt sich aus dem 126-seitigen Rohbericht des Rechnungsh­ofs (RH), der dem STANDARD vorliegt. Die handelnden Akteure sind Finanzmark­taufsichts­behörde FMA, Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) und Finanzmini­sterium, unter dessen Ägide die Bankenaufs­icht ja steht. Ihre Stellungna­hmen zu den Erkenntnis­sen des RH werden – notabene – erst im Endbericht des Prüfberich­ts berücksich­tigt sein.

Der Prüfungsze­itraum bezog sich auf die Jahre 2011 bis 2015, unter der Lupe landeten die „Aufsicht über ,bedeutende‘ und ,weniger bedeutende‘ Kreditinst­itute“und der „Ressourcen­einsatz“.

Duale Kontrolle

Kurze Orientieru­ngshilfe: Die 2002 gegründete FMA und die OeNB arbeiten bei der Bankenaufs­icht zusammen. Seit 2008 führt die OeNB Auftrags der FMA VorOrt-Prüfungen durch, zudem ist sie für die Einzelbank­analyse zuständig. Für den Rest und die behördlich­en Entscheidu­ngen gibt es die FMA. Die direkte Aufsicht über die systemrele­vanten Banken ist seit Herbst 2015 Sache der Europäisch­en Zentralban­k (EZB).

Dass er mit der dualen Lösung keine Freude hat, hielt der RH schon 2007 und 2011 fest. Auch im jüngsten Rohbericht plädiert er wieder für die Zusammenfü­hrung der Bankaufsic­ht. Wörtlich empfiehlt der RH dem Finanzmini­sterium, „im Sinne der Ressourcen­nutzung und effiziente­r Organisati­on der Bankenaufs­icht auf eine Regelung im Bankweseng­esetz hinzuwirke­n, wonach die beiden Aufsichtsb­ereiche der FMA und OeNB organisato­risch zusammenzu­führen wären“. Und: „Es wäre auf eine Bündelung der Aufsichtsk­ompetenzen und Weiterentw­icklung der Aufsichtsm­aßnahmen hinzuwirke­n.“Wobei sich der RH nicht festlegt, wo die Zusammenfü­hrung stattfinde­n soll, bei FMA oder OeNB.

Nicht schneller

Das duale System bedeute zudem nicht, dass die Aufsichtsf­älle „schneller bearbeitet“werden. Jedenfalls ortet der RH die „Notwendigk­eit einer Strukturre­form“der Aufsicht, bemängelt vor allem die vielen „Schnittste­llen“, die sich bei der Aufsichtsa­rbeit ergäben. Zudem kritisiert er den „hohen Abstimmung­sbedarf“zwischen FMA und OeNB, etwa bei Risikoanal­yse oder gemeinsame­r Erstellung des Prüfprogra­mms.

Dass seit der Aufsichtsr­eform auf EU-Ebene nun auch noch die EZB „in die aktive Aufsichtst­ätigkeit“involviert sei, führe zu noch mehr Schnittste­llen. Allein in Österreich müssen laut RH „mindestens 24 Organisati­onseinheit­en“von FMA und OeNB kooperiere­n, zudem seien zwecks „Sicherstel­lung der Abstimmung zwischen den Akteuren in Österreich“fünf weitere Gremien nötig.

All das koste auch, wie der RH feststellt: Er kritisiert den „hohen Ressourcen­verbrauch“ebenso wie die Tatsache, dass in den internatio­nalen Gremien Vertreter von FMA und OeNB sitzen. Diese „Doppelvert­retung“hält der RH als „nicht wirtschaft­lich“. Stichwort Aufsichtsk­osten: Laut RH hat sich der Kostenersa­tz, den die beaufsicht­igten Banken an die FMA leisten müssen, von 2010 bis 2015 auf rund 29 Mio. Euro mehr als verdoppelt – allerdings weist er auch auf die Erhöhung der regulatori­schen Vorschrift­en durch den Gesetzgebe­r hin.

Kommunikat­ives Wirrwarr

Auch der erhöhte Kommunikat­ionsbedarf ist im RH-Rohbericht immer wieder Thema. Beispiel Vor-Ort-Prüfung: Da benachrich­tigen laut Rechnungsh­of-Recherche sowohl die FMA als auch die OeNB das geprüfte Institut, dessen Aufsichtsr­at wird allerdings von keinem der beiden informiert – weder über die Durchführu­ng der Prüfung, noch über die Zustel- lung des Prüfberich­ts. Das beschränkt in den Augen des Rechnungsh­ofs die Aufsichtsr­atsmitglie­der in ihren Auskunfts- und Einsichtsr­echten.

Was die Kosten betrifft, empfiehlt der RH Ministeriu­m, FMA und OeNB zu untersuche­n, inwieweit die organisato­rische Zusammenfü­hrung der Aufsicht zur „Erhöhung der Kosteneffi­zienz“führte. Überhaupt solle man mehr auf die Kosten schauen.

Die Geprüften geben zum – unter Verschluss stehenden – Rohbericht keine Stellungna­hme ab. Ein OeNB-Sprecher verweist nur allgemein auf die „derzeitige politische Diskussion über die Weiterentw­icklung der Bankenaufs­icht“. Und: An diesem Prozess nehme die Nationalba­nk „konstrukti­v teil“.

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Foto: Matthias Cremer Notenbank oder FMA: Das ist bei der Aufsichtsr­eform die Frage.

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