Nächste Phase der EZB-Anleihenkäufe
Während in den USA eine Zinserhöhung Mitte Dezember als ausgemacht gilt, dürfte die EZB laut Experten vorerst an ihrem Anleihenkaufprogramm festhalten. Zu groß erscheint die mittelfristige Unsicherheit nach dem Referendum in Italien.
Wien – Nichts zu tun ist diesmal wohl keine Alternative. Wenn der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, am Donnerstag vor die Öffentlichkeit tritt, wird er den Investoren Einblick in den weiteren geldpolitischen Kurs seines Hauses gewähren müssen. Die Zinssätze wird dies kaum betreffen, sondern hauptsächlich das Anleihenkaufprogramm. Dieses ist nach derzeitigem Stand mit März 2017 befristet, und Draghi wird Position beziehen müssen, ob und in welcher Form er dieses fortführen will.
Spätestes seit dem Nein beim Verfassungsreferendum in Italien gehen die meisten Volkswirte und Marktteilnehmer von einer Verlängerung der monatlich 80 Milliarden Euro schweren Anleihenkäufe aus. Zwar ist die Reaktion der Märkte auf das italienische Votum besonnen ausgefallen, allerdings war die Rendite für zehnjährige Staatspapiere schon im Vorfeld zeitweise über zwei Prozent geklettert, zumal das Land mit einer Krise seiner Bankenlandschaft zu kämpfen hat. Raiffeisen-Analyst Patrick Krizan sieht für die kommenden Monate „eine Periode stabiler Instabilität, wie sie in Italien in der Vergangenheit öfters vorkam“. Von einer Phase „relativer Unsicherheit“geht der Fondsanbieter Pioneer aus, erwartet aber, „dass in Italien die politische und wirtschaftliche Stabilität mittelfristig aufrecht bleibt.“
„Das Risiko begrenzt sich noch auf Italien und ist noch weit davon entfernt, systemisch zu sein“, erklärt Anleihenexperte Eliezer Ben Zimra von Edmond de Rothschild Asset Management. „Wir sehen keine Ansteckungszeichen, auch nicht in Spanien.“Allerdings werde die EZB ihre Rolle als „Wachhund“weiter wahrnehmen, um die finanzielle Stabilität in Europa zu gewähren. Folglich geht Ben Zimra von einer Ver- längerung des Anleihenkaufprogramms um sechs Monate aus.
Möglicherweise justiert Draghi auch die Stellschrauben des Kaufprogramms nach, um mehr Flexibilität zu erhalten, etwa bei der Grenze von 33 Prozent, welche die Notenbank an einer Anleihetranche halten darf. „Wir rechnen immer noch damit, dass die EZB das Emissionslimit auf 50 Prozent erhöht“, erklären etwa die Volkswirte der Société Générale.
Vor der Entscheidung der Italiener waren vereinzelt sogar Stimmen aufgekommen, Draghi solle das Kaufprogramm langsam aus- laufen lassen. Neben verbesserten Wirtschaftsaussichten hatte zuletzt auch die Inflation im Euroraum deutlich angezogen, was auch die Rendite deutscher Bundesanleihen zuletzt deutlich nach oben gehievt hatte.
Auch in den USA sind die Anleihenzinsen zuletzt deutlich angesprungen. Nach dem Absinken der Arbeitslosenrate auf 4,6 Prozent im November gilt es als weitgehend abgemacht, dass die USNotenbank Fed ihren Leitzins, derzeit bei 0,25 bis 0,5 Prozent, Mitte Dezember erstmals seit mehr als einem Jahr erhöhen wird.