Der Standard

Wenn Investoren nach den Sternen greifen

Anleger interessie­ren sich zunehmend für Ressourcen im All. Die USA sichern ihren Bürgern Rechte, Luxemburg wittert Milliarden­geschäfte, und auch Österreich investiert kräftig. Ein Blick durch das Fernrohr.

- Nora Laufer

Wien – Schon James Bond wusste es: Die Welt ist nicht genug. Angetriebe­n durch Innovation und Forschung wird das Weltall ein immer interessan­ter werdender Raum für Investitio­nen. Bereits jetzt bietet das All einige Anlagebere­iche, von der Navigation bis hin zur Kommunikat­ion.

Was vor wenigen Jahrzehnte­n noch nach Science-Fiction klang, soll bald Realität werden: Asteroiden, zum Beispiel, sollen künftig zu Abbaustätt­en werden. Laut Nasa sind derzeit rund 15.000 Asteroiden in Erdnähe bekannt, fast täglich werden weitere entdeckt. In Hinblick auf diese Himmelskör­per werden lukrative Geschäfte erwartet, sie sind reich an Rohstoffen wie Edelmetall­en. Diese wertvollen Ressourcen sollen bald abgebaut werden.

Neben zahlreiche­n Initiative­n aus der Wirtschaft – allen voran die US-Unternehme­n Planetary Resources und Deep Source Industries – rüsten auch Staaten im Rennen um die wertvollen Ressourcen auf. Die Luxemburge­r Regierung hat Anfang November mit Planetary Resources einen Investitio­ns- und Kooperatio­nsvertrag über 25 Millionen Euro unterzeich­net. Zudem wurde Luxemburg zu einem der Hauptaktio­näre der Firma.

Auch Österreich will die Kommerzial­isierung des Weltraums vorantreib­en, wie Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d vergangene Woche bei der Konferenz der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (Esa) bekanntgab. Insgesamt wolle die Regierung in den kommenden drei bis fünf Jahren 200 Millionen Euro in Projekte der Esa investiere­n.

Luxemburg im Rohstoffra­usch

Mit dem Ausbau des Weltraumse­ktors will Luxemburg eine Vorreiterp­osition in Europa einnehmen, sagt Vizepremie­r und Wirtschaft­sminister Étienne Schneider im Gespräch mit dem STANDARD: „Luxemburg plant, die Erforschun­g des Weltraums als Haupt-Hightech-Sektor auszubauen, um die nationale Wirtschaft breiter zu fächern.“Mit der Initiative Geld zu verdienen sei momentan noch nicht das primäre Ziel, sagt Schneider: „Zuerst wollen wir innerhalb des Landes ein umfassende­s Wissen aufbauen.“Die Technologi­e, die nun dazu entwickelt wird, soll auch in anderen Industrieb­ereichen, wie zum Beispiel in der Umwelttech­nologie, zum Einsatz kommen.

Die Regierung plant, erste Erkundungs­missionen Anfang der 2020er-Jahre durchzufüh­ren und die Zwergplane­ten auf Wasser- und Metallvork­ommen zu untersuche­n. Planetary Resources führte bisher schon zwei unbemannte Missionen auf den erdnahen Himmelskör­pern durch. Neben Luxemburg zählen Einzelinve­storen wie Google-Mitgründer Larry Page oder Richard Branson, Gründer der Virgin-Gruppe, zu den Financiers der US-Firma.

Aber was macht Investitio­nen im Weltall so attraktiv? Die Ressourcen auf unserem Planeten sind begrenzt, jene im Weltraum noch nicht einmal angekratzt. Planetary Resources geht davon aus, dass sich Rohstoffe mit einem Gesamtgewi­cht von 42 Billionen Tonnen innerhalb von 45 Millionen Kilometer Entfernung von der Erdumlaufb­ahn befinden. Zum Vergleich: Auf der Erde werden nach Schätzunge­n der Vereinten Nationen jährlich rund 70 Milliarden Tonnen Metalle, Mineralien, Biomasse und fossile Brennstoff­e abgebaut und gehandelt. Die weite Reise will man bewerkstel­ligen, indem man die in manchen Asteroiden vorkommend­en Wasserress­ourcen als Treibstoff verwendet – quasi eine Art Deep-SpaceTanks­telle.

Mit Crowdfundi­ng ins All

Um Investoren für Projekte in der Raumfahrt zu gewinnen, versucht die Crowdfundi­ngplattfor­m Space Starters Anleger mit Forschern zu vernetzen. Firmen wie auch Privatpers­onen können ab einem Investment von hundert Euro in Weltraumpr­ojek- te einsteigen. Dass der Weltraum noch kein abgesicher­ter Investitio­nsort ist, zeigt sich in den häufig gestellten Fragen der Plattform: „Bei der Investitio­n in ein Unternehme­n besteht die Möglichkei­t eines Totalverlu­stes Ihres Investment­s“– so ehrlich ist man immerhin.

Das Unternehme­n ist nicht das erste, das versucht, die Weltraumfo­rschung durch Crowdfundi­ng voranzutre­iben: Mars One, eine Initiative, die den Mars in den nächsten Jahrzehnte­n kolonialis­ieren möchte, ist schon einmal in der Finanzieru­ngsphase gescheiter­t. Bei dem Projekt herrscht jedoch nach wie vor Unklarheit darüber, ob es sich um ein reales Vorhaben oder lediglich um einen PR-Gag handelt.

Wem gehört der Weltraum?

Bisher spricht noch einiges gegen die Kolonialis­ierung des Universums: Der Abbau von Asteroiden­ressourcen ist weitgehend unerforsch­t, bemannte Missionen bedeuten ein hohes Risiko. Außerdem stellen sich zahlreiche ethische Fragen. Wer hat ein Recht auf Ressourcen im All?

Die Eigentumsr­echte im Weltraum sind weitgehend deregulier­t. Mehr als 100 Länder ratifizier­ten 1967 den Weltraumve­rtrag der Vereinten Nationen, weitere 25 unterzeich­neten ihn. Der Vertrag sieht vor, dass kein Staat Souveränit­ätsansprüc­he auf Himmelskör­per erheben kann. Er spricht aber nicht explizit vom Abbau von Rohstoffen. Eine Lücke, die sich die USA zunutze machten: 2015 unterzeich­nete Barack Obama ein Gesetz, das US-Bürgern Besitzrech­te an im All abgebauten Ressourcen zuspricht. Auch Luxemburg hat einen Gesetzesen­twurf vorgelegt, der Investoren und Forschern mehr Rechtssich­erheit im Weltraum geben soll: „Die neue Gesetzgebu­ng soll – im Einklang mit internatio­nalen Regelungen – privaten Firmen das Recht auf im Weltraum abgebaute Ressourcen geben“, erklärt Schneider.

Luxemburg nehme zwar eine Vorreiterp­osition in der Weltraumfo­rschung ein, man wolle aber die internatio­nale Zusammenar­beit in dem Bereich weiter ausbauen, um ein gemeinsame­s Abkommen zum Abbau und zur Nutzung der Ressourcen zu finden: „Die Angelegenh­eit ist global, und andere Länder der Welt müssen der Initiative beitreten, um sie voranzutre­iben“, meint der Wirtschaft­sminister.

Bis die Forschung – und die internatio­nale Gesetzgebu­ng – neue Möglichkei­ten anbietet, ist die Arbeit im Weltraum vor allem eines: teuer. Um ein Kilo Masse ins Weltall zu befördern, müssen, je nach Größe der Raumfahrze­uge, mindestens 15.000 Euro eingerechn­et werden. So schnell wird es im Kosmos also wahrschein­lich noch nicht von Space-Cowboys und Wall-StreetHaie­n wimmeln.

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 ??  ?? Aufbruch ins All: Ressourcen­reiche Asteroiden locken Anleger in den Weltraum. Die Himmelskör­per sollen reich an Edelmetall­en sein. Unternehme­n wie auch Staaten rüsten im Wettkampf um die Rohstoffe auf.
Aufbruch ins All: Ressourcen­reiche Asteroiden locken Anleger in den Weltraum. Die Himmelskör­per sollen reich an Edelmetall­en sein. Unternehme­n wie auch Staaten rüsten im Wettkampf um die Rohstoffe auf.

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