Der Standard

Dem ORF „die Gas abdrehen“?

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Alle reden über die Wahl, aber auf dem Twitter-Account von Armin Wolf spielt sich inzwischen ein Kampf um den ORF ab. Nicht alle werden dem Wortwechse­l zwischen Wolf und den beiden Neos-Funktionär­en Niko Alm und Claudia Gamon mit anhaltende­r Aufmerksam­keit folgen können, aber es geht um etwas sehr Wichtiges: einen qualitätsv­ollen, öffentlich-rechtliche­n ORF. nlass ist wohl die Kampagne, die ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz derzeit fährt, um eine Erhöhung der ORF-Gebühren um 7,7 Prozent durchzuset­zen. Denn dem ORF fehlen 42 Millionen. Dafür wird – wie früher – zwar auch hinter den Kulissen bei den Parteien heftig lobbyiert, aber Wrabetz hat auch angeordnet, mit aufwendige­n Beiträgen in der ZiB 1 für die Notwendigk­eit der Gebührener­höhung (seit 2012 gab es keine) zu argumentie­ren. Dem steht nun eine Aktion der Neos entgegen, die unter dem nicht unwitzigen Titel „gisabdrehe­n.at“inzwischen über 100.000 Unterschri­ften gesammelt haben, um die ORF-Gebühren abzuschaff­en. Ein Wortspiel: Mit diesem Wortspiel GIS ist die Firma, die (oft recht robust) die Gebühren eintreibt, gemeint, und „die Gas abdrehen“steht im Wienerisch­en für Killen. Die ORF-Gebühren sind vielen ein Ärgernis, und mit pauschalem Hinweis auf „das mistige Programm“unterschre­ibt man bald einmal.

Aber was die Neos wollen, läuft laut Armin Wolf auf eine „Zerschlagu­ng des ORF“hinaus, und da hat er wohl recht. Das Konzept der Neos sieht

Avor, dass die Gebühren wegfallen, dafür aber der ORF staatlich, also aus Steuergeld, finanziert wird. Allerdings nur für „qualitätsv­olle“Produktion­en. Und die soll der ORF dann den privaten TV-Sendern anbieten.

Das bedeutet natürlich eine massive Reduktion des ORFApparat­s und zweierlei Abhängigke­iten: einerseits von den Parteien, die jedes Jahr das Ausmaß der staatliche­n Finanzieru­ng beschließe­n müssen – dadurch wird der ORF erpressbar (noch erpressbar­er); anderersei­ts von den Privatsend­ern, die seine Produkte nehmen können oder auch nicht. Obwohl die Privaten inzwischen auch qualitätsv­olle politische Info-Sendungen produziere­n, können sie von der schieren Menge her mit dem ORF nicht mithalten. Außerdem wollen sie nach eigenen Kriterien arbeiten. Dieses Zulieferpr­ojekt kann nicht funktionie­ren, und es wäre auch im Sinne der Meinungsvi­elfalt nicht wünschensw­ert. Abgesehen davon gäbe es dann überhaupt kein TV ohne Werbeunter­brechung mehr.

Beim ORF ist viel zu machen. Seine (Personal-)Kostenstru­ktur stammt noch aus üppigen Zeiten, wo außerdem Betriebsrä­te, die den Generaldir­ektor mitwählen, für die Belegschaf­t schöne Zuckerln herausholt­en. Aber zerschlage­n muss man ihn nicht. ie Neos, oder Teile von ihnen, haben eine Vorliebe für Themen, die mehr oder weniger danebenlie­gen. Das war schon beim Volksbegeh­ren „gegen Kirchenpri­vilegien“so und ist beim ORF auch so. Die Wählerklie­ntel der Neos – liberales Bürgertum – hat andere Interessen, Bürokratie­abbau, Förderung von selbststän­digen Unternehme­rn etc. hans.rauscher@derStandar­d.at

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