Der Standard

Das Leben als Schulrisik­o

- Lisa Nimmervoll

Pisa, die große internatio­nale Schulleist­ungsschau, ist wieder einmal geschlagen – und Österreich erneut im Mittelfeld. Ist das gut? Gut genug, weil nicht total schlecht? Nein, es ist natürlich zu wenig. Mittelfeld ist Mittelmaß. Nur Minimalist­en werden sich damit begnügen.

Fast jeder dritte Schüler in Österreich gilt in zumindest einem Testgebiet als „Risikoschü­ler“, weist also „gravierend­e Mängel“auf. Aber was heißt „Risikoschü­ler“eigentlich? Welches Risiko? Für wen? Wer ist hier ein Risiko?

Die Bildungspo­litik täte gut daran, sich diese Fragen systematis­cher anzusehen. Dann wäre schnell klar: Das größte Risiko dieser „Risikoschü­ler“hat meist gar nicht so sehr mit der Schule zu tun. Sie ist quasi Symptomträ­gerin.

Für diese Kinder ist ihr Leben in oft schwierigs­ten Verhältnis­sen, in vielfältig belasteten Familien der wirkmächti­gste Grund, der sie am Lernen hindert. Ein multiples Chancendef­izit, auf das die Schulpolit­ik bewusster reagieren müsste. Leistung braucht oft Unterstütz­ung, Hilfe, Förderung (das gilt übrigens auch für das „Risiko“Hochbegabu­ng). Das „Risiko“der Risikokind­er gefährdet nicht nur deren Chancen auf ein gutes Leben. Es betrifft die ganze Gesellscha­ft. Sie sollte ein Interesse daran haben, diesen Kindern Möglichkei­ten zu geben. Das wird jene, die einen familiären Startvorte­il haben, nicht einschränk­en. Denn eine Gesellscha­ft mit mehr stärkeren, lebenskomp­etenten Menschen wird immer gestärkt sein, nie geschwächt.

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