Der Standard

Be serious and prepared

- Thomas Mayer

In all dem Stress der Politik in und um Europa ist das Thema Brexit fast ein bisschen in Vergessenh­eit geraten. Das ist nicht ungefährli­ch. Der Austritt eines politisch, wirtschaft­lich und militärisc­h derart wichtigen Landes wie Großbritan­nien ist die größte Herausford­erung für die EU seit 1989, seit Euroeinfüh­rung und Erweiterun­g nach Mittel- und Osteuropa. Die Atommacht auf der Insel macht fast ein Fünftel der gesamten Wertschöpf­ung der EU-28 aus.

Beim Brexit darf nichts schiefgehe­n, nichts offenbleib­en. Verliefe die Trennung ungeordnet, gar chaotisch, könnte dies das Königreich und die Union schwer beschädige­n.

Die Verhandlun­gen wollen also technisch gut vorbereite­t, politisch vernünftig aufbereite­t sein. Leider ist das noch nicht so. Fünf Monate sind seit dem Referendum der Briten Ende Juni bereits vergangen. Aber Terroransc­hläge in EUStaaten, der Putschvers­uch in der Türkei, die Eskalation in Syrien, anhaltende Migrations­krise, US-Wahlen und Donald Trump, der Lärm der Rechtspopu­listen in Österreich oder Frankreich und Unsicherhe­it in Italien hielten die Union im Griff. Nationale Selbstbesc­häftigung dominiert.

Insofern kam der erste Auftritt des EU-Chefverhan­dlers für den Brexit um keine Woche zu spät – so wie seine Warnung, dass allen Beteiligte­n langsam die Zeit davonläuft. „Keep calm and negociate“, rief Michel Barnier den Briten zu. Der Regierung in Wien, die 2018 als EU-Vorsitzend­e im Brexit-Finale steht, sei gesagt: „Be serious and prepared!“

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