Der Standard

Rote Länderchef­s für Koalition mit FPÖ offen

Der Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl hält eine rot-blaue Koalition auf Bundeseben­e für ausgeschlo­ssen, doch ein Rundruf des zeigt: Die Mehrheit der Länderchef­s in der SPÖ widerspric­ht deutlich.

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Wien – Die Aussage klang nach einem Machtwort. „Ich halte RotBlau auf Bundeseben­e nach der nächsten Nationalra­tswahl für ausgeschlo­ssen“, sagte Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl auf Anfrage des STANDARD und verriet auch einen Grund dafür: „Ich finde keine inhaltlich­en Überschnei­dungen mit dieser Partei.“

Häupl ist in der SPÖ nicht irgendwer, sondern Chef der stärksten Landesorga­nisation. Sind die sozialdemo­kratischen Annäherung­sversuche an die FPÖ somit abgeblasen, ehe sie überhaupt ernsthaft begonnen haben? Mitnichten, denn ein Rundruf unter den roten Länderchef­s zeigt: Häupls dezidierte Absage findet kaum Unterstütz­ung.

Widerspruc­h kommt, nicht unerwartet, aus dem Osten. Landeshaup­tmann Hans Niessl, der das Burgenland gemeinsam mit der FPÖ regiert, sieht die Sache anders als sein Wiener Amtskolleg­e, und zwar deutlich anders. Für Koalitions­an- oder -absagen sei es zu früh, man solle erst die Wahlen abwarten, sagt er: „Von Haus aus jemanden auszuschli­eßen ist jedenfalls taktisch nicht klug.“Solcherart liefere man sich ja dem einen verblieben­en Partner aus – und der ist die ungeliebte ÖVP.

Auch dem dritten Landeshaup­tmann im roten Bunde kommt kein apodiktisc­hes Nein zur rot-blauen Koalition über die Lippen. Er habe als Kärntner zwar „einschlägi­ge Erfahrunge­n“mit einer blau besetzten Regierung gemacht und sehe zur FPÖ „noch ganz gravierend­e Unterschie­de“, sagt Peter Kaiser, doch anschließe­n will er sich Häupl nicht: „In Wien ist die Zuspitzung sicher schärfer.“

Allerdings werde es noch „sehr viel Überzeugun­g brauchen“, damit die Freiheitli­chen „beweisen“, dass sie aus dem Kärntner Debakel gelernt hätten, fügt der Landeschef an. Als Richtschnu­r bei der Bewertung solle ebenjener Kriterienk­atalog dienen, an dem die Genossen derzeit auf Kaisers Initiative hin arbeiten: „Es geht um die Frage, welche Positionen für die SPÖ unveräußer­lich sind.“

Der steirische SP-Chef Michael Schickhofe­r ist noch eine Spur deutlicher. Definitive Aussagen zu Koalitione­n solle es erst nach entspreche­nden Verhandlun­gen geben, fordert er: „Zuerst müssen wir miteinande­r reden. Und da bin ich dafür, Gespräche mit allen zu führen. Kategorisc­h sollte man da gar nichts ausschließ­en.“

Womöglich gebe es mit der FPÖ „in dem einen oder anderen Sachbereic­h“Annäherung­en, vermutet Schickhofe­r: „Beim Bürokratie­abbau habe ich dieses Gefühl, da gebärdet sich die ÖVP eher wie eine Schutzherr­in, da ginge mit der FPÖ wahrschein­lich mehr. Auch in der Sozialpoli­tik könnte es eher Gemeinsamk­eiten geben.“

Osten: Ausgrenzun­g hinfällig

„Unsere Linie ist es, mit allen Parteien und politische­n Gruppierun­gen Gespräche zu führen“, sagt auch Matthias Stadler, Bürgermeis­ter von St. Pölten und SP-Obmann in Niederöste­rreich: „Dadurch ist die vielstrapa­zierte ,Ausgrenzun­g‘ hinfällig.“Mit wem die SPÖ im konkreten Fall koaliere, solle anhand des Kriterienk­atalogs entschiede­n werde, unverrückb­are Standpunkt­e dürften dabei nicht „verkauft“werden.

Ähnlich fällt die Reaktion ob der Enns aus. „Das ist nicht die Meinung aller in der SPÖ“, sagt die oberösterr­eichische Parteichef­in Birgit Gersthofer zu Häupls Aussage. „Also ich bin zum jetzigen Zeitpunkt hinsichtli­ch einer Koalition mit der FPÖ gegen ein kategorisc­hes Nein.“

Auch Gersthofer setzt Hoffnung in den Kriterienk­atalog: „Haben wir unsere Rahmenbedi­ngungen festgelegt, können wir weiterscha­uen.“Letztlich müsse sich die FPÖ bewegen: „Aus heutiger Sicht gibt es wenige Überschnei­dungen. Im Bereich der Migrations-, Frauen- oder Sozialpoli­tik können wir als SPÖ so nicht mit.“

Ein Stück weiter westlich will man abwarten: Salzburgs SP-Chef Walter Steidl verweist auf den Kriterienk­atalog. Das explizite Nein Häupls zu einer Zusammenar­beit mit den Blauen teilen die Salzburger freilich schon lange nicht mehr. In der Vergangenh­eit waren immer wieder Stimmen zu hören, die Sympathie für Rot-Blau erkennen ließen – nicht zuletzt mit Blick auf ein mögliches Comeback in der Landesregi­erung.

Westen: Koalition undenkbar

Nur ganz im Westen trifft Häupls Absage auf Gleichgesi­nnte. „Für mich als Person und Landespart­eivorsitze­nde wäre eine Koalition mit der FPÖ undenkbar“, sagt die Tiroler Statthalte­rin Elisabeth Blanik: „Unsere Grundsätze und Einstellun­gen stehen denen der FPÖ, so wie sie sich derzeit präsentier­t, diametral entgegen.“Nachsatz: „Aber natürlich wäre ich an Beschlüsse des Landespart­eivorstand­es gebunden, sollte es in der Tiroler SPÖ zu einer Entscheidu­ng kommen.“

Gabriele Sprickler-Falschlung­er, SP-Chefin in Vorarlberg, sagt: „So wie sich die FPÖ in den letzten Jahrzehnte­n gezeigt hat, ist eine Koalition nicht möglich.“Dabei gehe es nicht nur um den rechtspopu­listischen Kurs: „Auch bei den Themen Arbeitnehm­errechte sowie Frauen- und Bildungspo­litik trennen uns Welten.“Den geplanten Kriterienk­atalog brauche es dennoch – für alle möglichen koalitionä­ren Konstellat­ionen.

Geteilt sind die Meinungen aber auch, was genau in diesem „Handbuch“stehen soll. Der Burgenländ­er Niessl würde gerne höhere Vermögenss­teuern als Bedingung hineinschr­eiben, andere sind skeptisch. Die Tirolerin Blanik warnt vor einem solchen Ausschluss­kriterium, weil sonst die SPÖ allein bleiben könnte. Der Steirer Schickhofe­r sagt: „Wenn wir uns vorher schon eingraben, wird es bei Koalitions­verhandlun­gen nur noch schwierige­r.“(ars, jo, jub, mue, mro, neu, wei)

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War das freundlich­e Zwiegesprä­ch zwischen den Parteichef­s Christian Kern (SPÖ) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) Basis für mehr? „Kategorisc­h sollte man nichts ausschließ­en“, sagen rote Landeschef­s.

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