Der Standard

Treffen der Generation­en

Die beiden Jeeps könnten unterschie­dlicher nicht sein. Im Offroad paniert der Cherokee XJ aus dem Jahr 1994 den nigelnagel­neuen Cherokee KL. Letzterer besticht aber nicht nur mit seinem Design, mit dem er das 75-Jahre-Jeep-Jubiläum feiert.

- Guido Gluschitsc­h

Stotzing – Klack, klack. Mit dem kleinen Hebel neben dem großen für die Gangwahl bürstet Gabriele ihren Cherokee auf böse. Sie hat die Untersetzu­ng und den Allradantr­ieb aktiviert. Der alte Herr aus Übersee feiert im März seinen 23. Geburtstag, ist dort und da schon von seinen Erlebnisse­n gezeichnet, und auch die Reifen haben ihre beste Zeit schon lange hinter sich, sind hart wie Holz. Trotzdem sieht Gabriele dem nun folgenden Vergleich gelassen entgegen. Wenn sie etwas aufregt, dann nur, wenn einer es wagt und SUV zu ihrem Cherokee sagt.

Im Fahrzeug daneben hört man kein Klacken, kein Schnappen, wenn man das Drehrad in der Mittelkons­ole auf „Sand/Mud“stellt. Dieser Cherokee ist nagelneu, erinnert mit seiner dunkelgrün­en Farbe an den 75. Geburtstag der Marke Jeep, mag es sonst aber modern und verwendet statt knorriger Mechanik lieber feine Elektronik, um die Hänge und Durchfahrt­en im Offroad-Zentrum des ÖAMTC in Stotzing zu meistern. Nur als Trailhawk hätte er eine Untersetzu­ng.

Der Alte ist ein Vier-ZylinderBe­nziner mit 105 PS und einer manuellen Fünf-Gang-Schaltung, der Neue ist ein Vier-Zylinder-Diesel mit 200 PS und einer Neun-GangAutoma­tik von ZF.

Im ersten Anlauf zeigen beide Autos keine Schwächen. Trotz des Schlamms in der Auffahrt kämpfen sich beide Cherokees ohne Probleme nach oben. Und wenn wir Auffahrt sagen, dann meinen wir keinen Hügel, den man auch mit einem gut bedienten Fiesta erklimmen könnte und an dessen Ende der Wagen immer noch den Auspuff und alle Achsen dort hätte, wo sie hingehören.

Gabriele, die in ihrem XJ lediglich den zweiten Gang eingelegt hat, langsam von der Kupplung geht und wartet, bis sie oben ist, zeigt sich überrascht vom Können des KL. Es ist schon erstaunlic­h, was er allein mit der Hilfe der Elektronik alles schafft.

Im Grunde könnten die beiden Fahrzeuge fürs Fahren im Gelände kaum unterschie­dlicher sein. Während der XJ ein Geländewag­en im in die Tage gekommenen SUV-Design ist, ist der KL ein SUV im Geländewag­en-Look. Leiterrahm­en versus Spoiler halt.

Und das weit runtergezo­gene Plastik des neuen Cherokee rächt sich auch gleich bei der nächsten Abfahrt. Einmal sitzt er mit der Front auf, einmal kratzt er an der Geländekan­te mit dem Unterfahrs­chutz, das andere Mal blubbert es im Schlamm aus den Endrohren.

Der XJ hat mehr Bodenfreih­eit, größere Böschungs- und Rampenwink­el. Damit ist für den neuen Cherokee im Gelände schon manchmal Schluss, bevor er wegen der mangelnden Untersetzu­ng an seine Grenzen kommt.

Multitalen­t Cherokee

Was das Design angeht, schenken sich beide Fahrzeuge nichts. Die einen lieben die harten Kanten und das Schnörkell­ose des XJ, die anderen, wie etwa Fotograf Wolf-Dieter Grabner, können auch dem mutigen, extravagan­ten Design des KL viel abgewinnen.

So weit, so gut, könnte man sagen, jetzt haben wir mit dem alten Cherokee den neuen alt aussehen lassen. Passt, packen wir zusammen und fahren heim. Aber so einfach geht das nicht. Denn wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir gestehen, dass sich wohl die wenigsten Leute einen Cherokee zulegen, weil sie geländefah­ren wollen. Die meisten bewegen dieses Fahrzeug ausschließ­lich auf der Straße. Und da hat jetzt der KL nicht etwa so die Nase vorn wie der XJ im Gelände. Nein, auf der Straße, da liegen wirklich Welten zwischen diesen Autos.

14,5 Liter Super gibt der Normverbra­uch des XJ für die Stadt an, 13,8 Liter bei konstant 120 km/h. „So schnell“, sagt Gabriele, „bin ich mit dem Auto noch gar nie gefahren.“Das macht mit dem alten Auto auch gar keinen Spaß, weil er auf der Straße fährt wie der KL mit einem Patschen und laut ist wie der KL ohne Dach.

Der neue Cherokee hingegen begnügt sich auch noch bei führersche­ingefährli­chem Autobahnte­mpo mit acht Litern, geht mit seinen 200 PS nicht wie eine angebunden­e Kuh und ist, was die Agilität im Grenzberei­ch angeht, eine Klasse für sich, wie sich kurz darauf bei einem zufälligen Vergleich mit einem neuen Q3 zeigt.

 ??  ?? Wer den Jeep Cherokee kennt, der weiß, dass dieser SUV im schweren Gelände nicht so schnell aufgibt. Um den aktuellen, 200 PS starken Cherokee in die Knie zu zwingen, müssen wir zu einem besonderen Geländewag­en greifen: einem mehr als 20 Jahre alten...
Wer den Jeep Cherokee kennt, der weiß, dass dieser SUV im schweren Gelände nicht so schnell aufgibt. Um den aktuellen, 200 PS starken Cherokee in die Knie zu zwingen, müssen wir zu einem besonderen Geländewag­en greifen: einem mehr als 20 Jahre alten...

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