„Viel Raum für Verbesserung gibt es nicht“
Die USA haben Industriejobs nicht an andere Länder, sondern an Maschinen verloren, sagt Ex-Reagan-Berater Martin Feldstein. Trump werde sein Versprechen, sie zurückzuholen, nicht realisieren können.
INTERVIEW:
Standard: Schaut man sich die Vorschläge Donald Trumps – niedrigere Steuern, mehr Geld für das Militär – an: Wie viel von Ex-Präsident Ronald Reagan steckt in ihm? Feldstein: Es gibt Parallelen, aber auch große Unterschiede. Reagan war acht Jahre lang Gouverneur des größten US-Staats Kalifornien. Er hatte also jede Menge Erfahrung in der Politik, hat sich auch immer wieder öffentlich zu Steuer- und Wirtschaftspolitik geäußert. Donald Trump ist neu. Wir wissen nicht, was er wirklich machen wird. Es hängt auch sehr davon ab, was er mit dem Kongress aushandeln kann.
Standard: Sie kennen die Vorschläge Trumps. Kann er damit die USWirtschaft vorantreiben? Feldstein: Wenn er eine Reihe von Dingen, von denen er geredet hat, richtig umsetzt, ja. Die Lage der Wirtschaft in den USA ist aktuell sehr gut. Als Reagan 1981 Präsident wurde, kam die US-Wirtschaft aus einer tiefen Rezession. Jetzt haben wir quasi Vollbeschäftigung. Viel Raum für Verbesserung gibt es nicht. Die Produktivität und Qualität der Jobs kann aber steigen.
Standard: Die Ungleichheit ist in den USA enorm. Ist jetzt die Zeit, die Steuern für Besserverdiener so stark zu senken, wie Trump das will? Feldstein: Als Reagan gewählt wurde, lag der höchste Steuersatz für Löhne bei 50 Prozent, als er 1989 aus dem Amt schied, bei 28 Prozent. Jetzt sind es 40 Prozent. Es gibt jetzt wieder Druck, die Steuern zu senken. Auch bei den Unternehmen. Die USA haben viel höhere Steuern für Unternehmen als Europa, das ist ein Hindernis für Investitionen. Das wird er, glaube ich, ändern.
Standard: Trump will Industriejobs zurück in die USA holen. Wie soll das gehen? Feldstein: Jobs in der Industrie machen weniger als zehn Prozent aus. Das kann man ein bisschen hochschrauben, aber substanziell wird sich da nichts ändern. Der Großteil der Jobs ist nicht in Billiglohnländer abgewandert, sondern durch die Automatisierung wegrationalisiert worden. Dieser Umstand wird sich künftig eher noch beschleunigen. Standard: Selbst wenn es Trump gelingt, Produktionsjobs von Mexiko zurück in die USA zu holen, werden sie von Robotern besetzt? Feldstein: Wir werden die Jobs nicht zurückbringen. Ein kluger Unternehmer in der Industrie wird die Dinge, die man automatisieren kann, in den USA herstellen. Für die Teile, für die er viele Arbeiter braucht, geht er in Länder mit niedrigeren Löhnen. Daran wird sich nichts ändern.
Standard: Trump will die US-Infrastruktur nicht von Staats-, sondern Privatfirmen verbessern lassen. Wie sinnvoll ist dieser Ansatz? Feldstein: Nicht sehr. Ich fände es zwar schön, wenn jemand meine Straße herrichten würde, ich sehe aber nicht, wie ein Unternehmen damit Gewinn machen sollte. Das gilt auch für Brücken und Tunnel. Bei Flughäfen könnte mehr Privateigentum Sinn machen. Aber das hat alles Grenzen. Die 1000 Milliarden Dollar, die Trump damit anstacheln möchte, werden nicht möglich sein.
Standard: Bei der Debatte über den Brexit und auch im US-Wahlkampf wurde viel auf „die Elite“geschimpft. Recht viel mehr Elite als Sie geht nicht. Sie sind Professor in Harvard, arbeiten für Präsidenten, besuchen die BilderbergKonferenzen. Warum mögen die Leute Sie nicht? Feldstein: Sie mögen nicht mich nicht, sie sind verärgert über Leute, die sagen, sie seien dumm. Wenn Clinton die Trump-Wähler als erbärmlich und ahnungslos bezeichnet, ist das ein gutes Beispiel dafür, wie die Elite auf sie herabblickt. Und das gefällt ihnen nicht.
MARTIN FELDSTEIN (77), Harvard-Professor, war ökonomischer Chefberater von US-Präsident Ronald Reagan von 1982 bis 1984. pDas Interview kann als Podcast im iTunesStore („Standard Economics“) abgerufen werden. sitzt, hätten mit Tisa massive Beeinträchtigungen für öffentliche Dienstleistungen gedroht. Als Beispiele nennt die Deutsche, die kommende Woche zur Fraktionsvorsitzenden der Grünen gekürt werden soll, Subventionen für Volkshochschulen oder die „Rekommunalisierung“von Dienstleistungen, wie etwa die Rücknahme von Privatisierungen in Bereichen wie Müll, Wasser oder Gesundheit.
Auch der Datenschutz könnte unter die Räder kommen, meinen Kritiker. Die Kommission kann mit derartigen Befürchtungen wenig anfangen. Hier würden Forderungen anderer Länder zum Faktum hochstilisiert. Dabei habe die EU-Kommission in sensiblen Fragen rote Linien gezogen. Dass diese nicht überschritten würden, habe man bei Ceta bewiesen, sagt ein EU-Beamter, der namentlich nicht genannt werden will.
Während Tisa erst nach dem Trump-Sieg eingefroren wurde, steckte TTIP schon länger fest. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange: „Das Abkommen war schon unter Obama Geschichte.“Seit drei Jahren habe es in zentralen Fragen keine Fortschritte gegeben, meint der SPD-Mandatar, weshalb sich die EU vorerst mit kleineren Partnern wie Kanada und Ecuador begnügen muss.
Die Reise nach Brüssel erfolgte auf Einladung von EU-Kommission und Parlament.