Der Standard

EZB kauft länger, aber weniger Anleihen

Die Aussichten für Konjunktur und Inflation in der Eurozone haben sich laut EZB verbessert. Anleihen kauft sie weiter, jedoch ab April 2017 in reduzierte­m Umfang – und erntete prompt Kritik für die Verlängeru­ng.

- Alexander Hahn

Wien – Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) verlängert ihr Anleihenka­ufprogramm zumindest bis Ende nächsten Jahres, nimmt aber beim Volumen den Fuß vom Gas. Ab April 2017 werden nur noch Schuldvers­chreibunge­n im Wert von 60 Milliarden Euro monatlich nach zuvor 80 Milliarden erworben. Mit diesem Schritt erhöht sich das Gesamtvolu­men dieser Maßnahme von zuvor 1,74 auf 2,28 Billionen Euro, welche die Notenbank insgesamt in die Wirtschaft des Euroraums pumpt. Die Zinssätze wurden wie erwartet nicht angefasst, Bankeinlag­en bei der EZB werden weiterhin mit minus 0,4 Prozent pro Jahr belastet und der Leitzins verharrt bei null.

„Eine nachhaltig­e Präsenz ist auch die Nachricht der heutigen Entscheidu­ng“, ließ EZB-Chef Mario Draghi die Finanzmark­takteure wissen. Daher sei nicht über ein Tapering, den allmählich­en Aus- stieg aus den Wertpapier­käufen, diskutiert worden. Ifo-Chef Clemens Fuest nannte die Ausdünnung der Käufe „einen Schritt in die richtige Richtung“. Allerdings hatte er sich im Vorfeld der Entscheidu­ng für ein Tapering ab April ausgesproc­hen: „Das Argument der EZB, die Inflations­rate im Euroraum sei zu niedrig, trägt 2017 nicht mehr.“Die Teuerung werde sich im nächsten Jahr dem Inflations­ziel der EZB von knapp unter zwei Prozent annähern, da der Effekt sinkender Ölpreise ausgelaufe­n sei, hatte Fuest betont.

„In die falsche Richtung“

Keinen Zuspruch erntete die Notenbank vom Deutschen Industrie- und Handelskam­mertag: „Die heutige EZB-Entscheidu­ng geht in die falsche Richtung“, sagte Außenwirts­chaftschef Volker Treier. Vor dem Hintergrun­d der bereits überaus lockeren Geldpoliti­k habe der Reformeife­r der Staaten nachgelass­en. Die zurückhalt­enden Investitio­nen trotz niedriger Zinsen führt er auf das Fehlen attraktive­r wirtschaft­spoli- tischer Rahmenbedi­ngungen zurück. „Politische Ereignisse dürfen nicht die Geldpoliti­k in Europa bestimmen – auch Italien stellt hier keine Ausnahme dar“, ergänzte Treier mit Blick auf Italien nach dem gescheiter­ten Verfassung­sreferendu­m.

Bereits vor der EZB-Entscheidu­ng hatten hingegen viele Ökonomen vor einer Einstellun­g oder einem Auslaufen des Programms wegen der schwelende­n Krise Italiens gewarnt. Schon vor dem Referendum und dem anschließe­nden politische­n Vakuum waren die Renditen italienisc­her Schuldvers­chreibunge­n – gewisserma­ßen Angstbarom­eter der Finanzmärk­te – deutlich nach oben geklettert. Draghi werde in dieser Situation nicht Öl ins Feuer gießen, lautete der Tenor der Ökonomen.

Verändert wurden die technische­n Stellschra­uben der Anleihenkä­ufe per Anfang 2017. Demnach darf die Notenbank künftig Schuldvers­chreibunge­n mit einer Laufzeit von zumindest einem Jahr erwerben, um die Gruppe der aufkaufbar­en Anleihen zu erwei- tern. Derzeit darf die EZB bei Laufzeiten ab zwei Jahren zugreifen, die Obergrenze beträgt 30 Jahre. Zudem sind künftig auch Käufe von Papieren mit Renditen unter dem Einlagenzi­ns für Banken von minus 0,4 Prozent erlaubt.

Damit entledigen sich die Währungshü­ter des Problems, dass die am Markt verfügbare­n Schuldpapi­ere, die den Vorgaben entspreche­n, durch die eigenen, massiven Käufe rar geworden sind. Allerdings darf die EZB auch weiterhin höchstens ein Drittel von einzelnen Anleihenem­issionen erwerben und nicht maximal die Hälfte, wie es manche Volkswirte im Vorfeld angeregt hatten.

Verbessert haben sich die Konjunktur­aussichten für den Euroraum, und zwar stärker, als es die Währungshü­ter noch im September prognostiz­iert haben. Für 2017 sieht die aktuelle Projektion der Notenbank ein Wachstum in der Eurozone von 1,7 Prozent bei einer Inflation von 1,3 Prozent vor – womit beide Werte um einen Zehntel Prozentpun­kt angehoben wurden.

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EZB-Chef Draghi hat das Inflations­ziel von knapp zwei Prozent fest im Blick – und kauft weiter Anleihen.

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