Der Standard

Schmuckes Handwerk aus Mariahilf

Die Wiener Emailleman­ufaktur Frey Wille wuchs in 65 Jahren vom kleinen Schmuckfer­tiger zu einem weltweit präsenten Unternehme­n. Ukraine-Krise und Terroransc­hläge haben zuletzt am Umsatz gekratzt. Der Onlinehand­el gilt als Hoffnungst­räger.

- Karin Tzschentke

Wien – Gibt es österreich­ische Unternehme­r, die mit den Steuerrege­ln des Landes zufrieden sind? „Ich habe diesbezügl­ich keine Klagen, wir haben eine faire steuerlich­e Gesetzgebu­ng“, sagt Friedrich Wille, Chef und Eigentümer der Wiener Schmuckman­ufaktur Frey Wille. Lediglich die Körperscha­ftssteuer dürfte niedriger sein, doch schaue man sich in Europa um, gehe es ohnehin in diese Richtung.

Doch Österreich ist für das exportorie­ntierte Unternehme­n ohnehin eine der geringeren Herausford­erungen. Der Schmuckspe­zialist, der weltweit rund 550 Men- schen beschäftig­t, ist auf vier Kontinente­n mit 85 Boutiquen präsent.

Durch Ukraine-Krise und Rubelabwer­tung musste das Geschäft in Russland und mit russischen Touristen, das ein Drittel zum Gesamtumsa­tz beitrug, schwere Einbußen hinnehmen. Detaillier­te Zahlen gibt Wille nicht preis. Durch die Bereinigun­g einiger Missstände (unter anderem habe das russische Management übermäßig teure Geschäftsr­äume angemietet) sei es zumindest gelungen, heuer wieder einen kleinen Gewinn zu erwirtscha­ften.

Verwässert seien die Ergebnisse des Luxusschmu­ckherstell­ers auch durch die Terroransc­hläge in Belgien und Frankreich oder die Attentate in Deutschlan­d worden, die Wille unter „Immigratio­nskrise“subsumiert. „Die Kunden sind verunsiche­rt, gehen nicht mehr so gern einkaufen und legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante“, sagt der gelernte Jurist und Wirtschaft­sprüfer. Allein in Deutschlan­d verzeichne die Juwelierbr­anche heuer ein Minus von acht Prozent, in Frankreich seien die Rückgänge noch drastische­r. Er betont, begeistert­er Europäer zu sein, in der Einwanderu­ngspolitik habe Europa aber völlig versagt, fügt er hinzu.

Aller Krisen zum Trotz geht der Firmenchef heuer von einem „stabilen Geschäftsj­ahr“aus. Nicht unbeteilig­t daran sind die Briten. Die ersten Wochen nach dem Referendum zum EU-Austritt und der Pfundabwer­tung in Folge hätten sich die Umsätze in der Londoner Boutique verdoppelt. Auch jetzt lägen sie noch die Hälfte über den vergleichb­aren Vorjahresv­erkäufen, berichtet Wille.

Gut funktionie­re auch die Onlineschi­ene – gegen die er sich lange gesträubt habe, wie er zugibt. Ende 2014 in einigen Ländern gestartet und im Vorjahr – bis auf Asien – ausgeweite­t, habe sich der über das Internet lukrierte Umsatz heuer verdoppelt.

Über seinen Schatten gesprungen ist Wille auch hinsichtli­ch der Präsenz in Outlets. Seit 2015 wird im burgenländ­ischen Parndorf verkauft, seit kurzem hängt die geflügelte Sphinx, das Firmenlogo, auch im niederländ­ischen Outlet Roermond bei Maastricht, ein Abverkaufs­center in Marseille soll folgen. Verkauft werden hier „Kollektion­en aus früheren Zeiten“.

Für die – analoge – Expansion setzt Frey Wille auf Partnersch­aften. Aktuell ist das Unternehme­n bei 60 Juwelieren in Frankreich, in Deutschlan­d bei 30 vertreten, der sogenannte En-gros-Markt soll 2017 ausgedehnt werden.

Österreich bleibt Standort

Bei aller Globalität steht für den Firmenchef eines fest: Österreich bleibt mit derzeit 120 Mitarbeite­rn der Standort. Zwar hat das Unternehme­n vor einigen Jahren einen kleinen Teil der Produktion von Wien-Mariahilf in die Slowakei verlegt. Doch dies sei letztlich die Folge eines Streits mit dem Vermieter in Wien, der Immofinanz, gewesen. Zwar habe man den mehrjährig­en Prozess gewonnen, doch zusätzlich­en Raum im traditione­llen Firmensitz halt nicht mehr bekommen

Seit rund 40 Jahren prägt Friedrich Wille das 1951 von der Künstlerin Michaela Frey gegründete­n Betrieb, der mit der Fertigung von Ziergegens­tänden und Schmuck mit meist folklorist­ischen Motiven in Emailtechn­ik begonnen hatte. Die künstleris­che Gestaltung obliegt der Designerin Simone Grünberger, die Wille nach dem Tod Freys 1980 ins Unternehme­n holte und später heiratete.

Jetzt steht der 76-Jährige vor der vielleicht größten Herausford­erung seines berufliche­n Lebens: der Nachfolger­suche. Dass eines seiner Kinder übernehmen wird, glaubt er nicht mehr. „Für die weitere Globalisie­rung unseres Unternehme­ns wäre es wichtig, wenn wir einen großen Player als Investor gewinnen könnten“, sinniert er. Doch müsse dieser die Besonderhe­it der Schmuckstü­cke, Wien als Standort und die Kunst genauso schätzen wie er.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Die Schmuckstü­cke der Emailleman­ufaktur Frey Wille werden seit 1951 in Handarbeit im Wiener Bezirk Mariahilf gefertigt.
Die Schmuckstü­cke der Emailleman­ufaktur Frey Wille werden seit 1951 in Handarbeit im Wiener Bezirk Mariahilf gefertigt.
 ??  ??
 ?? Foto: HO ?? Seit mehr als 40 Jahren im Unternehme­n: Friedrich Wille.
Foto: HO Seit mehr als 40 Jahren im Unternehme­n: Friedrich Wille.

Newspapers in German

Newspapers from Austria