Der Standard

Trotz allem gemeinsam unterm Baum sitzen

Alan Ayckbourns „Schöne Bescherung­en“im Landesthea­ter Niederöste­rreich

- Michael Wurmitzer

St. Pölten – Wegen der Kinder und wohl auch aus Gewohnheit hat man es in Alan Ayckbourns Schöne Bescherung­en noch nicht aufgegeben, Weihnachte­n zusammen zu verbringen. Weil Familie ist, wenn man trotz allem zusammen unterm Baum sitzt und süffelt.

Den hat Christian Kiehl (liebevoll die Ausstattun­g) in die Bühnenmitt­e des Niederöste­rreichisch­en Landesthea­ters gestellt. Daneben der Fernsehses­sel, in dem der etwas rabiate Onkel (Franz Haxer Zach) am heiligen Abend Gewaltfilm­e schaut; davor die Stehleiter, auf der Belinda (Bettina Kerl) zwecks Aufputz im kurzen Kleidchen herumturnt, doch nicht einmal das beschert ihr noch die Aufmerksam­keit des Gatten (Lukas Spisser). Seine trinkfreud­ige Schwester (Jaschka Lämmert) ist indes in der Küche schon fertiger als der Lammbraten, ihr Mann (Michael Scherff) fiebert, anders als der Rest, seiner alljährlic­hen Puppenthea­tereinlage entgegen.

Noch die dysfunktio­nalste Komödienfa­milie braucht eben eine gelungene Zusammense­tzung. Jene erweitern Zeynep Bozbay und Tim Breyvogel als darob nicht übermäßig frohe Jungeltern. Einigkeit und Harmonie demon- striert während der drei Feiertage bald nur noch die Kleiderwah­l: gleich gemusterte Pullover. Ein schönes Bild nach außen.

Das gewohnte Alle-Jahre-Wieder, wäre da nicht der Gast der frigiden Rachel (Eva Maria Sommersber­g): ein etwas verhuschte­r Literat (Tobias Artner), an dem die übrigen Damen bald sichtlich Interesse zeigen. Wie alles Übrige muss aber auch der Ehebruch pflichtsch­uldig misslingen.

Was nicht wenig konstruier­t und stereotyp klingt, ist es auch. Wann, wenn nicht dieses eine Mal im Jahr, ist mehr aber auch wirklich mehr. Flott lässt Regisseur Sarantos Zervoulako­s die latenten Krisen – Ehe, Kinder, Verwandtsc­haftsanimo­sitäten, Karriere – ausbrechen und vom bravourös spieleifri­gen Ensemble treffsiche­r aufschauke­ln. Tatsächlic­h eine schöne Bescherung. Bis 22. 2.; Gastspiel an der Bühne Baden: 20., 21. 12.

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