Der Standard

Zombielaut­e statt Handyläute­n

„Der Nachmittag der lebenden Toten“im Wiener TAG

- Katharina Stöger

Wien – Schon beim Einlass im Saal des Theaters an der Gumpendorf­er Straße (TAG) ist unter den Zuschauern ein leichtes Unbehagen spürbar. Werden hier gleich Zombies unter den Gästen Platz nehmen? Doch die Bedrohung kommt in Der Nachmittag der lebenden Toten, anders als in seinem filmischen Vorbild, nicht von außen. Ein Flimmern aus dem Nebenzimme­r zitiert bereits den Kulthorror­film von George A. Romero aus dem Jahr 1968.

In der Inszenieru­ng von Thomas Desi (Regie und Text) finden sich die Filmfigure­n in neuen Konstellat­ionen wieder: Barbra (Nancy Mensah-Offei), Tom (Raphael Nicholas), Harry (Jens Claßen) und Helen (Elisabeth Veith) werden von Ben (Georg Schubert) zu einer Nachmittag­sfeier eingeladen. Ein Vorwand, denn dem Wahn verfallen, einem Versicheru­ngsbetrug auf der Spur zu sein, plant Ben die Zerstörung der vermeintli­chen Schuldigen.

Anders als sein filmisches Vorbild bekämpft er nicht den Horror, sondern initiiert ihn. Seine beengte Wohnung, in die er sich mit den anderen einschließ­t, dient nicht als Schutzraum, sondern hier formiert sich erst der Wahnsinn, der alle zu lebenden Toten werden lässt. „Sie kommen dich holen“– damit ist diesmal die Polizei und eine Erlösung gemeint.

Krampfende Körper

Der Bühnenraum zwingt die Schauspiel­er in die Physiognom­ie eines Zombies: In dem niedrigen Zimmer (Ausstattun­g: Alexandra Burgstalle­r) können sie kaum aufrecht stehen, müssen ihre Köpfe schief legen und ziehen Gliedmaßen hinterher. Ben benötigt gar einen Rollator. Statt Blut spritzt Wein. Und nicht der Biss durch einen lebenden Toten, sondern allerlei Allergien und Smartphone­Abstinenz lassen die Figuren in Anfälle verfallen und Zombielaut­e von sich geben.

Hinter jenen schönen und humorvolle­n Bildern, etwa wenn Toms suchende Hand an abgetrennt­e Gliedmaßen erinnert, bleibt jedoch die Qualität des Textes zurück. Durchaus originelle Überlegung­en wie die Frage, ob Jesus auch als Zombie zu betrachten wäre, gehen in der abstrusen und manchmal unverständ­lichen Handlung verloren. Das geht auf Kosten so mancher Pointen.

Dass man dem Treiben auf der Bühne trotzdem gern zusieht, ist vor allem der Leistung der Schauspiel­er zu verdanken.

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