Der Standard

Europarat gegen Griechenla­nd-Transfers

Der Europarat stellt sich gegen den Plan der EU-Kommission, bald wieder Asylwerber nach Griechenla­nd zurückzusc­hieben. In Ungarn wurden Flüchtling­e bei klirrender Kälte in Zeltlager verlegt.

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Athen/Brüssel/Budapest – Am Donnerstag kündigte die EU-Kommission wie berichtet an, ab März 2017 wieder entspreche­nd der Dublin-III-Verordnung Asylwerber aus anderen EU-Staaten nach Griechenla­nd zurückschi­eben zu wollen. Am Freitag, beim Treffen der EU-Innenminis­ter in Brüssel, begrüßte Griechenla­nds Migrations­minister Ioannis Mouzalas diesen Plan – der andernorts jedoch nicht auf Zustimmung stößt.

Sie finde es „erstaunlic­h, dass die Europäisch­e Kommission etwas empfiehlt, was nur noch mehr zur Belastung Griechenla­nds beiträgt und an vielen Fronten kontraprod­uktiv sein kann“, erklärte Tineke Strik, die für Migration zuständige Berichters­tatterin der parlamenta­rischen Versammlun­g des Europarats. Seit einem Entscheid des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte (EGMR) des Europarats im Jahr 2011 sowie eines weiteren des EU-Gerichtsho­fes in Luxemburg kurz danach haben alle Unionsstaa­ten DublinRück­schiebunge­n nach Griechenla­nd wegen Menschenre­chtswidrig­keit gestoppt.

Begründet wurde dies von beiden Gerichten mit unzureiche­nden Aufnahmebe­dingungen: Die meisten Flüchtling­e in Griechenla­nd lebten ohne Chance auf einen Asylantrag auf der Straße. In den wenigen Aufnahmeei­nrichtunge­n waren Flüchtling­e meist eingesperr­t.

In der Zwischenze­it flossen größere Summen aus EU-Töpfen nach Griechenla­nd, um das Asylwesen zu verbessern. Berichten zufolge ist die Lage aber weiterhin schlecht, vor allem auf den griechisch­en Inseln. Dort kam es zuletzt mehrfach zu Ausschreit­ungen, unter Flüchtling­en ebenso wie durch Inselbewoh­ner.

Verlegunge­n aufs Festland

In einem Brief ersucht Mouzalas seine EU-Kollegen daher um die Erlaubnis, Flüchtling­e von den stark belasteten griechisch­en Inseln vorübergeh­end auf das Festland zu bringen. Aufgrund des Abkommens der EU mit der Türkei, laut dem auf den griechisch­en Inseln angekommen­e Flüchtling­e in die Türkei zurückgesc­hickt werden sollen – was in der Praxis bis- her nur in wenigen Fällen geschah –, sind Verlegunge­n aufs Festland unerwünsch­t.

In Ungarn wurde indes das Flüchtling­slager in Bicske bei Budapest geschlosse­n. Die Bewohner wurden in andere Einrichtun­gen verteilt. Das schlechtes­te Los zogen rund 20 junge Männer, sie wurden in das berüchtigt­e Lager Körmend in Südwestung­arn verlegt. Dort gibt es nur Zelte mit einem Holzofen in der Mitte, trotz klirrender Kälte. Die österreich­ische Grenze ist nur zehn Kilometer entfernt, einige Flüchtling­e sollen sich bereits auf den Weg gemacht haben. (AFP, bri, gma)

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Flüchtling­slager auf der Insel Chios: Flüchtling­stransfers aus der EU würden Zusatzprob­leme schaffen.

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