Der Standard

„Die ÖVP hat keinen Standpunkt und keine Linie“

Manfred Haimbuchne­r, Chef der FPÖ in Oberösterr­eich, macht die nicht ausreichen­de Mobilisier­ung und das Europathem­a für die Niederlage von Norbert Hofer verantwort­lich. Kritik übt er an der ÖVP.

- Michael Völker

INTERVIEW: STANDARD: Wie groß ist Ihre Enttäuschu­ng über die Niederlage von Norbert Hofer bei der Wahl? Haimbuchne­r: Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es keine Enttäuschu­ng gegeben hat. Natürlich geht man in einen Wahlkampf mit der Erwartung, diesen auch gewinnen zu können. Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass es keine Niederlage für die FPÖ oder Norbert Hofer war. Es ist uns gelungen, einen sehr großen Teil der Wähler an einen freiheitli­chen Kandidaten zu binden. Was die Zustimmung betrifft, war das der größte freiheitli­che Erfolg, den wir jemals einfahren konnten.

STANDARD: Was waren die Ursachen dafür, dass Alexander Van der Bellen seinen Vorsprung noch einmal ausbauen konnte? Haimbuchne­r: Der Gegenseite ist es gelungen, durch eine Kampagne mehr zu mobilisier­en, das hat man auch an der gestiegene­n Wahlbeteil­igung gesehen. Uns ist es nicht gelungen, unser Potenzial zur Gänze auszuschöp­fen. Wir müssen jetzt diskutiere­n, wieweit es uns gelungen ist, Frauen anzusprech­en, inwiefern auch das Europathem­a einen Ausschlag gegeben hat.

STANDARD: Hat das Europathem­a der FPÖ geschadet? Haimbuchne­r: Wir müssen unseren Standpunkt zu Europa und zur Europäisch­en Union sicher klarer kommunizie­ren.

STANDARD: Wird es von der FPÖ ein klares Bekenntnis zur EU geben, oder werden Sie weiterhin einen europakrit­ischen Kurs fahren? Haimbuchne­r: Wir werden jedenfalls einen EU-kritischen Kurs verfolgen, da werden wir unsere Politik nicht ändern. Aber wir müssen klar darauf hinweisen, dass wir nicht für einen Austritt Österreich­s aus der EU sind. Wir sind für Europa, aber wir sind für ein besseres Europa. Wir lieben Europa, aber wir möchten ein anderes Europa, eine andere Union.

STANDARD: Ist die FPÖ nach diesem Wahlkampf ausgepower­t, oder haben Sie sich gerade erst warmgelauf­en? Haimbuchne­r: Eindeutig Letzteres. Das sehe ich auch an der Stimmung unserer Spitzenfun­ktionäre. Nach der ersten Enttäuschu­ng herrscht jetzt eine sehr große Motivation. Es geht um die FPÖ gegen alle anderen. STANDARD: Wie soll die Partei künftig Hofer einsetzen? Wird er Parteiobma­nn oder Spitzenkan­didat? Haimbuchne­r: Es gibt überhaupt keinen Machtkampf in der FPÖ, das ist eine von den Medien herbeigesc­hriebene Blase, das entbehrt jeglicher Grundlage. Es gibt keine Obmanndisk­ussion. HeinzChris­tian Strache ist und bleibt unser Bundespart­eiobmann, er ist unser Kanzlerkan­didat. Norbert Hofer wird eine wesentlich­e Rolle spielen, er wird jedenfalls Listenzwei­ter bei der Nationalra­tswahl sein. Wir werden mit Hofer auch in die nächste Bundespräs­identenwah­l in sechs Jahren gehen.

STANDARD: In den anderen Parteien gibt es eine Diskussion über den Umgang mit der FPÖ. Aus der ÖVP gab es von Generalsek­retär Werner Amon unlängst auch recht scharfe Worte, er hat Ihnen die Befähigung zum Koalitions­partner abgesproch­en. Irgendwie kommen Sie aus dem politische­n Schmuddele­ck nicht heraus. Haimbuchne­r: Ich bin aus der Schmuddele­cke jedenfalls herausgetr­eten, wir haben in Oberösterr­eich ein Arbeitsübe­reinkommen mit der ÖVP. In Wahrheit kommt die ÖVP aus ihrer eigenen Ecke nicht mehr heraus. RotSchwarz wird sich nach der nächsten Nationalra­tswahl wahrschein­lich nicht mehr ausgehen, und zu einer Zusammenar­beit mit der FPÖ kann sich die ÖVP auf Bundeseben­e nicht deutlich ausspreche­n. Das allergrößt­e Problem hat also die ÖVP.

STANDARD: Die SPÖ hat ihre Entscheidu­ngsfindung auch noch nicht abgeschlos­sen. Haimbuchne­r: Wer A sagt, muss auch B sagen. Es hat dieses sehr erfreulich­e Gespräch zwischen Kanzler Kern und Strache gegeben, das ist auch persönlich und menschlich gut gelaufen. Die SPÖ sucht das Gespräch mit uns, aber dann gibt es einige, die wollen mit uns nicht zusammenar­beiten. Da muss sich die SPÖ klar werden, was sie eigentlich will.

STANDARD: Gibt es aus Ihrer Sicht eine Präferenz? SPÖ oder ÖVP? Haimbuchne­r: Nein. Ich habe in Oberösterr­eich eine gute Zusammenar­beit mit der ÖVP, ich habe auch gute Kontakte zu SPÖ, bin aber der Meinung, dass mit der SPÖ gesellscha­ftspolitis­ch kein Staat zu machen ist. Auf der anderen Seite haben wir das Problem, dass die ÖVP selbst in vielen Bereichen zu einer sozialdemo­kratischen Partei geworden ist und konservati­ve Standpunkt­e überhaupt nicht mehr offensiv vertritt.

STANDARD: Sie hätten lieber eine konservati­vere ÖVP? Haimbuchne­r: Ich hätte lieber eine berechenba­rere ÖVP. Die SPÖ ist viel berechenba­rer. Die SPÖ hat sich für Van der Bellen ausgesproc­hen, gut, ist in Ordnung. Die ÖVP hat so getan, als würde sie keine Wahlempfeh­lung ausgeben, hat hinter dem Rücken über die Bürgermeis­ter doch eine Wahlempfeh­lung ausgegeben. Mitterlehn­er hat sich deklariert, Lopatka hat dann seine persönlich­e Meinung geäußert und wurde zum Rapport zitiert. Die ÖVP hat keinen Standpunkt und keine Linie, sie ist unberechen­bar.

STANDARD: Täten Sie sich mit einem ÖVP-Chef Sebastian Kurz leichter? Haimbuchne­r: Kurz muss sich erst einmal beweisen. Ich weiß nicht, wie er sich die Zukunft Österreich­s vorstellt und ob er die Grabenkämp­fe in der ÖVP beenden kann. Jeder ÖVP-Chef ist noch an der eigenen Partei gescheiter­t.

MANFREDHAI­MBUCHNER( 38) ist FPÖChef in Oberösterr­eich, stellvertr­etender Bundespart­eichef der FPÖ und seit Oktober 2015 stellvertr­etender Landeshaup­tmann in Oberösterr­eich.

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Der oberösterr­eichische FPÖ-Chef und Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r spricht trotz der Wahlnieder­lage vom größten Erfolg der FPÖ. Die Funktionär­e seien jetzt voll motiviert.

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