Der Standard

Österreich bei Pisa: „Es wird zumindest nicht besser“

Weniger Punkte in allen drei Testgebiet­en – aber sind die österreich­ischen Schülerinn­en und Schüler bei Pisa wirklich schlechter geworden im Vergleich zu 2012? Ein Statistike­r hinterfrag­t die Abwärtsbew­egung. Eines scheint aber doch klar: Aufwärts geht es

- Lisa Nimmervoll

Wien – Österreich hat bei der neuen Pisa-Studie schlechter als vor drei Jahren abgeschnit­ten, zwar nur leicht, aber eben doch mit weniger Punkten (fünf im Lesen, neun in Mathematik, elf Punkte weniger in Naturwisse­nschaften). Das bedeutete erneut: nur im Mittelfeld.

Aber sind wir bei Pisa 2015 nun wirklich schlechter geworden? Statistike­r Erich Neuwirth legt immer wieder Bildungsda­ten unters statistisc­he Brennglas, und darum zweifelt der frühere Statistikp­rofessor an der Uni Wien Österreich­s Verschlech­terung seit 2012 an: „Die Aussagekra­ft der PisaWerte für Österreich ist sehr relativ zu sehen. Nach diesem Test ist bei weitem nicht statistisc­h gesichert, dass wir uns verschlech­tert haben“, sagt er zum STANDARD: „Vor allem, weil die Verschlech­terung zum größten Teil nur bei den Mädchen festgestel­lt wird.“

Grund für Neuwirths Vorbehalte ist der Wechsel des Messverfah­rens, dessen Auswirkung­en zumindest für Österreich nicht durch eine geeignete vergleiche­nde Untersuchu­ng quantifizi­erbar seien. Erstmals mussten die Schülerinn­en und Schüler nämlich alle Fragen am Computer lösen, bisher immer mit Bleistift und Papier.

Weil Österreich aufgrund der – wie Neuwirth kritisiert – „übertriebe­nen Panikreakt­ion“der damaligen Bildungsmi­nisterin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wegen eines vermeintli­chen Datenlecks nicht am Pisa-Feldtest 2014 teilgenomm­en habe, gebe es keine Möglichkei­t für seriöse Vergleiche.

Computer statt Papier

In Deutschlan­d lieferte der Feldtest Hinweise darauf, „dass die Pisa-Aufgaben im Mittel am Computer schwerer waren als auf Papier“. Diesen landesinte­rnen Vergleich kann Österreich nicht machen, aber, so betont Claudia Schreiner, Direktorin des die PisaStudie durchführe­nden Bifie-Forschungs­instituts, zum STANDARD, eines lasse sich jedoch eindeutig sehen: „In diesem engen Mittelfeld, in dem Österreich liegt, kann man recht sicher schließen, dass es zumindest nicht besser wird. Drei, vier Punkte auf oder ab sind keine substanzie­llen Veränderun­gen. Insgesamt kann man das große Bild im OECD-Raum sehr wohl vergleiche­n.“

Die internatio­nale Vergleichb­arkeit zwischen den Ländern sei jedenfalls gegeben, habe die großangele­gte Mode-Effect-Studie der OECD gezeigt. Das schließe aber nicht aus, „dass in einzelnen Ländern Veränderun­gen in den Ergebnisse­n zumindest zum Teil mit dem Wechsel der Erhebungsm­odalität zusammenhä­ngen“, heißt es in einem Pisa-Bericht des Bifie.

Warum aber sind Pisa-Fragen am Computer möglicherw­eise schwierige­r als auf Papier? Weil mitunter vermeintli­ch unbedeuten­de Details doch einen Unterschie­d machen, erklärt Schreiner: „Etwa wenn bei Lesebeispi­elen früher der Text auf einer Doppel- seite im Testheft war und jetzt hinund hergescrol­lt werden muss.“Oder weil der Test am PC neue Möglichkei­ten für Testaufgab­en, zum Beispiel im Bereich des Planens und Durchführe­ns von Experiment­en, eröffnet – und diese von den Schülern vielleicht als schwerer empfunden wurden, was das gesamte Testsettin­g (negativ) beeinfluss­en könnte.

Als Erklärungs­ansatz für die schlechter­en Leistungen der Mädchen bei der Pisa-Computerte­stung sei laut Schreiner die „Hypothese, dass computerba­siertes Testen den Mädchen weniger entgegenko­mmt als den Buben, nicht ganz von der Hand zu weisen“. Um das zu erhärten, gehörten „Effekte des Umstiegs auf computerba­siertes Testen auch im Hinblick auf den regulären Schulbetri­eb natürlich genauer untersucht“.

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Die österreich­ischen Buben haben sich beim Pisa-Test 2015, der erstmals nur am Computer durchgefüh­rt wurde, leichter getan.

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