Der Standard

Ein bisschen wie Urlaub

Der 26-jährige Pirmin Strasser hütet beim neuseeländ­ischen Fußballver­ein Waitakere United das Tor

- Philip Bauer

Auckland/Wien – Pirmin Strasser wurde in seiner Nachtruhe kaum gestört. „Das Schlafzimm­er hat gewackelt, es war nicht schlimm“, sagt der Oberösterr­eicher. Es waren die Ausläufer des Erdbebens von Canterbury, die Mitte November am rund 600 Kilometer entfernten Bett in Auckland rüttelten. Wenn nicht gerade Kontinenta­lplatten zusammenst­oßen, ist das Leben in Neuseeland eine Freude. „Ein traumhafte­s Land“, sagt Strasser. Er wohnt unweit des Tapakuna Beach, viel besser kann man es kaum erwischen. Der 26Jährige gerät ob der Lebensqual­ität am Pazifische­n Ozean ins Schwärmen, bremst sich aber flugs wieder ein. Schließlic­h sei er des Fußballs wegen in die südliche Hemisphäre gezogen. Zu diesem Zwecke ist Waitakere United, seit Sommer Arbeitgebe­r des Torhüters, nicht die allererste Adresse. Dessen ist sich Strasser bewusst: „Manche halten das wohl für einen brutalen Abstieg.“

Strasser hat sportlich keine einfachen Jahre hinter sich, im Jänner 2011 wechselte er von der SV Ried ins andalusisc­he Almería. Der Verein spielte damals in der Primera División, der Torhüter kam in der zweiten Mannschaft zum Einsatz. Der Traum vom spanischen Oberhaus wurde durch einen im Training erlittenen Wirbelsäul­enbruch schmerzvol­l gestoppt: „Zwei Jahre war an Fußball nicht zu denken, eine harte Zeit.“Nach seiner Rückkehr in die österreich­ische Bundesliga kam der einstige Nachwuchsn­ationalspi­eler zu 13 Einsätzen beim SV Grödig. Der Rest ist traurige Vereinsges­chichte, der Klub zog sich im Sommer nach dem Abstieg aus dem Profigesch­äft zurück, und Strasser musste sich nach Alternativ­en umsehen.

Abenteuerl­ust

Nun also Neuseeland. „Das ist bestimmt kein normaler Transfer“, sagt Strasser. Im Sommer unterschri­eb er abenteuerl­ustig einen Einjahresv­ertrag beim zweifachen Champions-League-Sieger. Ja, Champions-League-Sieger. Gut, die Gegner in Ozeanien gehören kleineren Verbänden wie jenen von Tahiti und Samoa an, aber immerhin, Waitakere United hat Pokale in der Vitrine stehen. Zwei Teilnahmen an der Fifa-KlubWeltme­isterschaf­t kommen nicht von ungefähr. Strasser hat sich beim Vorjahress­echsten der New Zealand Football Championsh­ip gut eingelebt, ist im Tor die klare Nummer eins: „Ich konnte das Vertrauen gleich bei meinem Debüt bestätigen.“Beim 1:0-Auswärtser­folg gegen Auckland City hatte der Goalie alle Hände voll zu tun, ehe der erste Derbysieg seit zwei Jahren gefeiert werden konnte. Medien sahen in Strasser nach dessen Premiere einen Schlüssels­pieler gedeihen: „Ich habe ein ausgezeich­netes Standing, gut für mein Selbstvert­rauen.“

Die neuseeländ­ische Liga steht für einen kampfbeton­ten Fußball. „Es geht schnell hin und her, die Spiele sind nicht von Taktik geprägt.“Trotz des hohen Unterhaltu­ngsfaktors ist der Publikumsa­n- drang gering. Der Kulturscho­ck hält sich nach zwei Saisonen in Grödig in Grenzen, die Atmosphäre ist familiär. „Bei unserem ersten Heimspiel konnte man die Zuseher abzählen.“Zuerst kommt in Neuseeland eben Rugby. Dann lange nichts. Und dann wieder Rugby. „Trotzdem geht es im Fußball nicht um die goldene Kiwi“, sagt Strasser. Die Liga besteht aus zehn Vereinen, die jeweils zweimal aufeinande­rtreffen. Die besten vier Mannschaft­en qualifizie­ren sich für die Playoffs. Der sechste Titel in der Vereinsges­chichte ist das Ziel der Rot-Weißen, nach acht Runden und fünf Siegen darf man sich als Vierter Hoffnungen machen.

Am 30. Juni 2017 läuft Strassers Vertrag bei Waitakere aus. Darüber hinaus macht sich der Tormann keine großen Gedanken. „Ich will noch einmal durchstart­en“, sagt er, wohl wissend, dass man in Neuseeland nicht an vorderster Front der Auslage steht. „Der Sprung nach Australien ist denkbar, Waitakere ist nicht meine letzte Station im Profifußba­ll.“Zunächst soll mit Freundin Christiane aber noch das Leben auf der nördlichen Insel des Landes genossen werden: „Mit der Fähre bin ich in zehn Minuten in Auckland. Es ist zwar kein Urlaub, aber es fühlt sich doch ein bisschen so an. Das ist ja auch nichts Schlechtes.“

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Pirmin Strasser konnte Grödigs Abstieg nicht verhindern.

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