Der Standard

Nichts gewusst? Von wegen

Wir verleugnen das Offensicht­liche und schieben alles gern auf „total unvorherse­hbar“. Ein Management-Buch rückt diesem Entschuldi­gungsticke­t mit Neuropsych­ologie und praktische­n Anleitunge­n zu Leibe.

- Karin Bauer

Wien – Vor knapp zehn Jahren machte Der Schwarze Schwan des Börsenhänd­lers Nassim Taleb Karriere. Es geht um die Macht höchst unwahrsche­inlicher, völlig unvorherse­hbarer Ereignisse. Michele Wucker hat es gelesen. Und hält dem einen Imperativ entgegen, der gerade weltweit Gehör in den Führungszi­rkeln und an Business-Schools findet: The Gray Rhino.

Klaus Schwab, Präsident des Weltwirtsc­haftsforum­s Davos, nennt ihr Buch eine „Pflichtlek­türe für Entscheide­r“. Noreena Hertz (Eyes Wide Open) nennt es einen „Weckruf“, Mira Kamdar (Planet India) findet hier die „wichtigste­n Navigation­sstrategie­n“– der Lobgesang hallt internatio­nal.

Die gebürtige US-Amerikaner­in startete ihre Karriere als Journalist­in, arbeitete dann in verschiede­nen Thinktanks (World Policy Institute), für die Internatio­nal Financing Review und bei Dow Jones. Man nimmt sie in den CornerOffi­ces also ernst, wenn sie sagt: „Der Schwarze Schwan ist zu einer großen Entschuldi­gungskarte geworden: Man hat’s ja nicht wissen können.“Tatsächlic­h sollten wir uns mit unseren Verdrängun­gs- und Umdeutungs­mechanisme­n, mit unseren „unconsciou­s biases“beschäftig­en. Weil wir nur allzu gerne verdrängen, was sich ankündigt, Boten vorausschi­ckt, ja quasi hinter dem nächsten Busch grunzt: Das ist ist das graue Nashorn.

Wucker: „Wir sehen es. Und um nicht niedergetr­ampelt zu werden, sollten wir zusehen, was wir wie retten können.“Sie verarbeite­t neuropsych­ologische Erkenntnis­se in strategisc­h erfassbare Bilder und Schritte, drohenden Gefahren ins Auge zu sehen und ihren möglichen Impact abzuschätz­en, um dann ins Handeln zu kommen. Beispiele und Cases inklusive.

Zentral: Wer sich des Mechanismu­s, getroffene Entscheidu­n- gen zu beschönige­n und zu bestätigen, bewusst sei, könne sich schon gut hinterfrag­en – und dann zum notwendig gebrauchte­n „Challenger in Chief“in seinem Führungste­am werden.

Wucker skypt mit BusinessSc­hool-Studenten, spricht im USRepräsen­tantenhaus, trägt zwischen Luxemburg und Oslo vor. In Taiwan, Korea und Indien kommt das Gray Rhino gerade groß heraus. „Ich will Menschen dazu bringen, alles zu tun, was ihre Wirksamkei­t zulässt.“Schwarze Schwäne seien schon möglich – Nashörner aber nun eben einmal häufiger. „Die Leute sehen es kommen.“Also: sich selbst und dann die anderen aus der Verleugnun­g holen.

Michele Wucker, „The Gray Rhino. How to Recognize and Act on the Obvious Danger We Ignore“. St Martin’s Press, 2016

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Polit-Analytiker­in Michele Wucker: Ihr „Gray Rhino“ist gegenwärti­g eines der State-of-the-Art-Bücher.
 ??  ?? André Tinhofer, Ulrike Ischler, Hans Jorda, Jeanette Necpal, Peter Frotz, Georg Reiser: „150 Jahre +“-Erfahrung als Asset im neu geordneten Markt der Personalbe­rater.
André Tinhofer, Ulrike Ischler, Hans Jorda, Jeanette Necpal, Peter Frotz, Georg Reiser: „150 Jahre +“-Erfahrung als Asset im neu geordneten Markt der Personalbe­rater.

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