Ich wohne hier wie in den Hollywood Hills
Die Künstlerin Elke Krystufek wohnt in einem 1970erJahre-Haus am Wagram in Niederösterreich. Sie schätzt hier, dass es bereits fix-fertig eingerichtet war, denn zu Möbeln hat die Nomadin, wie sie meint, wenig Bezug.
PROTOKOLL: Das Haus wurde in den Siebzigerjahren errichtet. Soviel ich weiß, hat das damals ein Architekt für sich und seine Familie gebaut. Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen und ist unübersehbar. Ich empfinde das Haus als sehr modernistisch. Ich mag den Beton, das Holz, die vielen Durchblicke und die Offenheit, den Umgang mit Raum, vor allem aber mag ich diesen Kamin mit Marilyn Monroe. Nicht alles gefällt mir, aber vieles. Wenn das Haus hässlich gewesen wäre, hätte ich es nicht genommen.
Ursprünglich hatte ich mir eigentlich überlegt, etwas zu kaufen, war mir aber nicht sicher, ob das so geschickt wäre. Mein Leben hat sich schon oft verändert und Wege eingeschlagen, die überraschend waren. Ich habe mir ein paar Häuser in Niederösterreich angesehen, aber da wäre überall viel zu machen und zu reparieren gewesen. Daher habe ich mich gefragt: Ist Immobilienbesitz da wirklich das Richtige? Über eine Freundin habe ich dann dieses Miethaus am Wagram gefunden.
Der Ausblick ist sehr ungewöhnlich. Die Umgebung wird fast magnetisch eingefangen. Das kenne ich eigentlich nur von Los Angeles. Es ist, als würde man in den Hollywood Hills wohnen. Man hat viel Ausblick, aber es schaut einem niemand hinein, denn rundherum ist nichts außer Natur. Ich mag es nicht, wenn mir jemand ins Zimmer schaut. In der Stadt müsste ich wohl hinter Jalousien wohnen. Hier kann ich offen wohnen und habe doch Privatsphäre.
Es ist nicht viel los hier. Ich mag die Stille, ich mag die Kargheit um mich. In Ägypten habe ich einige Zeit auf dem Sinai gelebt, in einem Haus mit Dachterrasse. Von dort hatte ich direkten Blick auf Saudi-Arabien. Eine schöne Landschaft. Wenn die politische Situation in Ägypten nicht so angespannt wäre, dann wäre das wohl mein Inbegriff eines perfekten Wohnens.
Meistens habe ich in Wohnungen und Häusern gewohnt, die schon eingerichtet waren. So wie hier. Ich habe zwar selbst schon Möbel entworfen, so wie Sessel, Tisch und Regal, aber diese Möbel hatten einen starken Kunstbezug und waren eher als Skulptur zu verstehen. Ich besitze zwar eine Truhe und ein paar andere kleinere Gegenstände, aber sonst habe ich nichts. Ich kann mit Möbeln nicht viel anfangen. Dafür habe ich viele Bilder, Bücher und Kleidungsstücke, die mich begleiten.
Ich denke, die Möbellosigkeit hat auch mit meiner Ortslosigkeit zu tun. Ich bin eine Nomadin, als Künstlerin mal da, mal dort zu Hause. Ich will keinen Ballast haben. Der einzige Gegenstand, von dem ich mich niemals trennen könnte, ist mein Laptop. Erstens finde ich den Apple-Computer sehr schön, zweitens ist das mein Bezug zum Zu-Hause-Sein. Vielleicht ist da meine Heimat drin. Das Restliche kann ich mir mit Kunst selbst erschaffen.
Ich bin ein geistiger Mensch. Ich brauche die Kontemplation. Ich gehe jeden Tag zwei bis drei Stunden spazieren. Das Haus ist die Mitte dieser Spaziergänge. In erster Linie nutze ich es zum Wohnen und Schreiben. Die Malerei und die großformatigeren Arbeiten mache ich in meinem Atelier in der Wiener Innenstadt. Das ist eine alte Kapelle, ein sakraler Ort.
Manchmal enden die StandardWohngespräche mit einem Ausblick auf die Zukunft, aber ich weiß nicht, wo ich in Zukunft sein werde. Ich habe keine Ahnung, was morgen sein wird. Mein Wunschtraum war immer, am Meer zu leben. Aber den durfte ich mir bereits erfüllen. Ansonsten würde ich gerne wieder im arabischen Raum leben. Zum Beispiel in Damaskus. Mich fasziniert diese Stadt. Aber jetzt ist dort Krieg. Sobald dort wieder Frieden ist, möchte ich diesen Plan umsetzen.