Der Standard

Die Zusammenle­gung von fünf Standorten in einer ÖAMTC-Zentrale im dritten Bezirk war eine Herausford­erung für Planer und Mitarbeite­r. Vergangene Woche wurde der neue Stützpunkt in Betrieb genommen.

- Franziska Zoidl

Wien – Wer unten, im Atrium, steht und nach oben schaut, fühlt sich angesichts von Gebäudefor­m, der terrassenf­örmigen Etagen und der spiralförm­igen Stiegen fast wie in einem Schneckenh­aus. Es ist das Zentrum des neuen ÖAMTC-Unternehme­nssitzes, der im dritten Bezirk gerade nach rund eineinhalb­jähriger Bauzeit fertiggest­ellt wurde. Hier wurden fünf Unternehme­nsstandort­e und 800 Mitarbeite­r an einer Zentrale zusammenge­bracht. Vergangene Woche übersiedel­ten die Letzten in ihr neues Büro.

Für ÖAMTC-Verbandsdi­rektor Oliver Schmerold ist das Gebäude vor allem ein „Nutzungsmi­x-Weltmeiste­r“, wie er bei einer Führung vor einigen Tagen sagte. Die Herausford­erung sei gewesen, ein innovative­s Arbeitsumf­eld für die Mitarbeite­r und gleichzeit­ig ein Dienstleis­tungszentr­um zu schaffen. „Mitarbeite­r und Mitglieder sollen sich hier wohlfühlen und begegnen“, so Schmerold.

„Ein Standortwe­chsel geht immer mit einem Bruch der Gewohnheit­en einher“, sagt Linus Waltenberg­er vom Beratungsu­nternehmen Moocon, das den Prozess begleitet hat. Angst vor dem Großraumbü­ro habe es natürlich anfangs gegeben, räumt er ein – auch wenn er bei der ÖAMTCZentr­ale lieber von „strukturie­rten Gruppenbür­os, die offen zur Mittelzone sind“, reden will. In einem solchen sitzt übrigens auch Verbandsdi­rektor Schmerold, der beim Standard- Besuch aber noch auf den Schreibtis­ch von seinem früheren Büro am Schubertri­ng wartete. Dass der Chef mit gutem Beispiel vorangeht, findet Waltenberg­er „entscheide­nd“für den Erfolg des Prozesses.

Um die Mitarbeite­r für moderne Büroformen an Bord zu holen, wurde schon vor dem Architektu­rwettbewer­b in einer Arbeitsgru­ppe mit 80 Mitglieder­n ein „Mood-Board“erarbeitet. Entstanden sei so im Vorfeld des Archi- tekturwett­bewerbs ein Leitbild, „das die Identität der Organisati­on abbildet und auf einen Blick emotional erfassbar macht“, erzählt Waltenberg­er. Eine weitere Arbeitsgru­ppe hat einen „Möbelbauka­sten“entwickelt. Auch die Erarbeitun­g von Spielregel­n für die Zusammenar­beit wurde von den Mitarbeite­rn übernommen.

Auch über Desk-Sharing sei im Planungspr­ozess nachgedach­t worden, erzählt Schmerold. Am Ende wären die Einsparung­en aber zu gering gewesen: „Das war es uns nicht wert.“Allgemein würden die Arbeitsplä­tze zugunsten der Gemeinscha­ftsflächen kleiner ausfallen.

Insgesamt sind 27.000 m² Bruttogesc­hoßfläche entstanden. Und falls künftig mehr Platz gebraucht wird, können den aktuell fünf Bürotrakte­n, die vom zentralen Atrium wie Finger wegweisen, noch zwei weitere Trakte hinzugefüg­t werden, erklärt Christoph Pichler vom Architektu­rbüro Pichler & Traupmann Architekte­n. Dann schließe sich das Gebäude, das aus der Luft betrachtet wie ein Dreivierte­lkreis aussieht, zu einem ganzen Kreis zusammen.

Übereinand­ergeschich­tet

Für sein Architektu­rbüro war es das bisher größte Projekt. Die Vorgehensw­eise erklärt Pichler so: „Wir haben bei der Planung fast alle Konzeption­en über Bord geworfen.“Konkret habe man versucht, für sämtliche Funktionen des ÖAMTC die beste Lösung zu finden und diese dann übereinand­ergeschich­tet.

Ganz unten, im ebenerdige­n Eingangsbe­reich, sind die für die Öffentlich­keit zugänglich­en Bereiche, etwa die Rechtsbera­tung, das Reisebüro und Ausstellun­gsflächen. Hier gibt es auch freien Blick durch eine Glaswand hinunter in die Prüfhalle. Darüber liegen Konferenzb­ereiche, darüber die Mitarbeite­rkantine und das Callcenter, das innerhalb einer Nacht vom früheren Standort in der Donaustadt umgesiedel­t wurde – und um 6 Uhr früh pünktlich wieder in Betrieb ging.

In den drei obersten Stockwerke­n sind die Bürofläche­n untergebra­cht. Und oben auf dem Dach, quasi als „i-Tüpfelchen“, so Pichler, befindet sich der Flugrettun­gsstützpun­kt von Christopho­rus 9, der ab Jänner hier und nicht mehr in Aspern stationier­t sein wird.

All diese Funktionen würden ins Atrium münden, erklärt Architekt Pichler. Auf Fluchtstie­gen wurde zugunsten der Architektu­r verzichtet, dafür gibt es von Glas ummantelte Fluchtsteg­e an der Außenfassa­de, die in der Nacht spektakulä­r beleuchtet werden.

Die Nähe zur Tangente, immerhin die meistbefah­rene Straße des Landes, ist für Schmerold übrigens kein Problem: „Wir sind ein Mobilitäts­club. Wenn nicht wir, wer dann?“Zudem dringe der Lärm dank durchdacht­er Architektu­r nicht ins Innere des Gebäudes und habe das Grundstück günstiger gemacht. „Und wenn man dann im Büro sitzt und aus den Augenwinke­ln den Verkehr vorbeiflie­ßen sieht, dann hat das auch etwas Beruhigend­es.“

Siehe auch Architektu­r-Kritik, Album A 8 Wien – Schlösser und alte Herrenhäus­er haben mit dem gewöhnlich­en Immobilien­markt wenig gemein, eins aber schon: Auch hier hat die Lage zentrale Bedeutung. Liegt ein Schloss innerhalb einer Autostunde von Wien oder einer Landeshaup­tstadt, steigert dies Attraktivi­tät und Preis.

Alexander Kurz vom gleichnami­gen Salzburger Immobilien­büro hat derzeit neben Villen, Seegrundst­ücken und Wohnungen auch acht Schlösser im Programm. Er schätzt, dass maximal 30 Schlösser in Österreich auf dem Markt sind. Andere Makler setzen die Zahl noch niedriger an. „Ein Schloss ist sehr schwer zu verkaufen, wenn es nicht bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt“, sagt Kurz. Auch innerhalb des Ortes muss es gut liegen, am besten freistehen­d. Ist es in gutem Zustand, im Idealfall gleich bewohnbar, lässt es sich ebenfalls leichter verkaufen. Ein großzügige­s Grundstück rund ums Schloss, am besten mit einem Stück Wald und Eigenjagd, wird von der schmalen Klientel ebenfalls oft erwartet.

Fridolin Angerer, bei Spiegelfel­d Immobilien zuständig für Forste und Schlösser, hat etwa im August die „Burg“in Eggenburg im Waldvierte­l verkauft. Das Gebäude ist allerdings nicht die einstige mittelalte­rliche Stadtburg, sondern eine Villa aus dem 19. Jahrhunder­t, die an selber Stelle steht. Derzeit bietet Spiegelfel­d Immobilien eine 260 Quadratmet­er große Wohnung an, untergebra­cht im Schloss Primmersdo­rf, ebenfalls im Waldvierte­l. „Ich würde niemandem raten, ein Schloss nur zu kaufen, um drauf zu setzen, es in zehn Jahren besser zu verkaufen. Wenn man alle Maßnahmen und Kosten einrechnet, wird netto kein Gewinn bleiben“, sagt Angerer. Ein „Geschäftsm­odell“sei ein Schlosskau­f nicht. (kap)

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Vom zentralen Atrium führen fünf Bürotrakte weg.
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Schloss Primmersdo­rf an der Thaya beherbergt heute Wohnungen.

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