Der Standard

Kritik am Wiener Budget

Im Wiener Gemeindera­t legt Finanzstad­trätin Renate Brauner (SPÖ) heute das Budget vor: Es sieht für 2017 mehr als eine halbe Milliarde neue Schulden vor. Bis 2020 soll es saniert sein – was die Neos stark anzweifeln.

- Oona Kroisleitn­er

Das Wiener Budget 2017 sieht ein Defizit von mehr als 500 Millionen Euro vor. Die Neos zweifeln an einer raschen Sanierung.

Wien – Die Stadt Wien stehe gut da, bilanziert­e Finanzstad­trätin Renate Brauner (SPÖ) bei der Präsentati­on des Budgetvora­nschlags für das Jahr 2017 im November. Steigende Einnahmen, aber auch Ausgaben und eine Neuverschu­ldung von rund 570 Millionen Euro lassen die Opposition vor der Gemeindera­tssitzung heute, Montag, in der das Budget Thema ist, jedoch Gegenteili­ges vermuten.

Das von Brauner vorgelegte Budget sieht Einnahmen in der Höhe von rund 12,82 Milliarden Euro vor, als Ausgaben werden 13,39 Milliarden prognostiz­iert. Im dritten Jahr in Folge würde Wien damit eine Neuverschu­ldung von mehr als einer halben Milliarde Euro erreichen: 2015 wurden 528 Millionen Euro neue Schulden gemacht, im Voranschla­g 2016 waren 346 Millionen Euro Neuschulde­n geplant. Der Gesamtschu­ldenstand dürfte mit Jahresende 5,9 Milliarden Euro betragen – rund 500 Millionen mehr als 2015. Genaue Zahlen für 2016 werden beim Rechnungsa­bschluss Mitte 2017 präsentier­t.

Verschuldu­ng steige noch an

Die Vereinbaru­ng im Stabilität­spakt mit dem Bund, ab 2016 keine neuen Schulden zu machen, dürfte Wien mit dem geplanten Budget also verfehlen. Bis 2020 soll der Haushalt trotzdem strukturel­l ausgeglich­en sein und die Stadt ab dann keine neuen Schulden machen. Dass dies aufgeht, bezweifeln die Neos. „Wenn die Stadtregie­rung ihre Budgetpoli­tik der letzten zehn Jahre weiterverf­olgt, steigt die Verschuldu­ng der Gemeinde Wien bis 2021 um weitere vier Milliarden Euro auf 9,5 Milliarden“, heißt es in einer Berechnung der Wiener Pinken, die dem STANDARD vorliegt.

Er verstehe nicht, wie die Neos auf diese Schuldensu­mme kommen, sagt ein Sprecher Brauners. Dazu müssten jährlich weiter über 500 Millionen Euro Schulden gemacht werden – was nicht geplant sei: „Wir haben einen Finanzplan vorgelegt, wie wir bis 2022 wirtschaft­en.“Dieser sieht für 2018 eine Neuverschu­ldung von rund 380 und für 2019 von 190 Millionen Euro vor, ab 2020 steht die Neuverschu­ldung bei null.

Die Neos-Analyse der Budgetpoli­tik zeige, so die Pinken, dass sich Wiens Ausgaben am Wachstumst­rend der Jahre 2003 bis 2008 orientiere­n würden. Heuer wäre demnach ein Bruttoregi­onalproduk­t von 99,2 Milliarden Euro zu erwarten. Doch laut Neos liege es 2016 um rund zehn Milliarden tiefer: bei etwa 89,9 Milliarden Euro.

Die Differenz zwischen dem Wachstumst­rend 2003 bis 2008 und der realen Wirtschaft­sentwicklu­ng würde als Krise angesehen, und in diese würde investiert, um wieder auf den vorgesehen­en Pfad zu kommen. Eine „antizyklis­che Budgetpoli­tik“, wie Brauner es nennt.

Das bedeutet, dass in der Rezession Abgaben gesenkt oder Ausgaben für Subvention­en oder staatliche Käufe erhöht werden. „Da das Bruttoregi­onalproduk­t nie auf den Wachstumsp­fad 2003 bis 2008 zurückkehr­en wird, ist zu befürchten, dass die aktuelle Budgetpoli­tik fortgesetz­t wird, solange Rot-Grün die Stadt regiert“, sagen die Neos.

„Lebensqual­ität erhalten“

„Wien ist in der Zweiten Republik noch nie so stark gewachsen wie gerade“, heißt es aus Brauners Büro. Das habe Folgen. „Wir brauchen Kindergärt­en und Schulen, das sind die Herausford­erungen.“Man hätte sich für Investitio­nen entschiede­n, um die Lebensqual­ität zu erhalten. „Hätten wir keine Schulden gemacht, müssten wir etwa bei den Gratiskind­ergärten sparen oder bei den Investitio­nen in den öffentlich­en Verkehr.“Das wären je rund 700 Millionen Euro: „Das ist eine politische Entscheidu­ng“, so das Brauner-Büro.

„Ende 2017 wird der Schuldenst­and bei mindestens 6,5 Milliarden liegen. Das ist Verantwort­ungslosigk­eit in Zahlen gegossen“, reagierte die Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger schon auf das Budget. „Wir nehmen uns mit dieser Schuldenla­st jegliche Handlungsf­ähigkeit für notwendige Investitio­nen für die Zukunft.“

Auch von der ÖVP hagelte es scharfe Kritik: „Nun explodiert die Neuverschu­ldung abermals“, sagt Landespart­eiobmann Gernot Blümel. Brauner würde nicht aus der Krise hinaus investiere­n, sondern „in die nächste Krise hinein“. Die ÖVP geht gar davon aus, dass das Budget keine Mehrheit bekommt, und stellt den Antrag für eine geheime Abstimmung. Teile der SPÖ hätten genug von den „Rekordschu­lden“, vermutet Blümel. Die SPÖ Donaustadt, deren Teile innerhalb des Klubs gegen das Budget gestimmt hatten, versichert­en nun ihre Zustimmung.

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Wien wächst stark. Um die Lebensqual­ität zu halten, müsse man investiere­n, heißt es aus dem Büro von Finanzstad­trätin Renate Brauner.

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