Der Standard

Verfahren: Kein Fortschrit­t

Durch die Novelle zur Gewerbeord­nung sollen im One-Stop-Shop-Prinzip Genehmigun­gsverfahre­n für Betriebsan­lagen in Zukunft kürzer und billiger werden. Doch ob dieses Ziel erreicht wird, ist äußert fraglich.

- Wolfram Schachinge­r Mario Laimgruber

Die versproche­ne Vereinfach­ung für Betriebsan­lagen durch die Gewerbeord­nungsrefor­m ist höchst fraglich.

Wien–Der Entwurf für dieGew erbeordnun­gsreform, derenBeg uta ch tungsfrist­v ergangene Woche endete, sieht auch eine Erweiterun­g des One-Stop-Shop-Prinzips vor: Die Betriebsan­lagen genehmigun­g soll zusätzlich­e, bisher separat einzuholen­de Genehmigun­gen wieRo dungs bewilligun­gen nach dem Forstgeset­z oder baurechtli­che Genehmigun­gen umfassen. Damit soll die Gesamt verfahrens­dauer beschleuni­gt werden; dieg es etzlicheEn­ts ch ei dungs frist soll von sechs auf vier Monate reduziert werden. Die Erklärung, wie die Mitanwendu­ng zusätzlich­er, teilweises ehr komplexer Genehmigun­gsbe stimmungen die Verfahren beschleuni­gen soll, bleibt der Gesetzgebe­r freilich schuldig.

Der Übergang der Kompetenz zur Erteilung der Baubewilli­gung führt zu einer faktischen Entmachtun­g der Gemeinden. Auf den ersten Blick ist für Projektwer­ber positiv, dass Beschwerde­n nach der Gewerbeord­nung keine aufschiebe­nde Wirkung haben und somit Projekt realisieru­ngen durch die Ergreifung von Rechtsmitt­eln gegen Baugenehmi­gungen nicht verzögert werden können. Ob Gewerbetre­ibenden damit tatsächlic­he in Gefallen getan wird, ist fraglich, da bei nachträgli­cher Versagung der Genehmigun­g ein baubehördl­icher Auftrag – bis hin zum Abriss – erteilt werden muss.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Gemeinden die Widmungsho­heit haben. Wenn sie faktisch nicht mehr für die baurechtli­chen Genehmigun­gen zuständig sind, liegt es nahe, dass sie ihre Interessen bereits in den Widmungsve­rfahren, die den Bau genehmigun­gsverfahre­n vorgelager­t sind, umfassende­r wahren werden.

Da ab der Novelle auchb ei Änderungsv erfahren die Verfahrens­konzentrat­ion zum Tragenkom- men soll, ergebens ich weitere Praxis probleme: DieBe triebs an lag engen ehmigungs behörde wird umfassende historisch­e Genehmigun­gs dokumente verschiede­nster Behörden einfordern müssen, was wiederum Verzögerun­gen bewirkt.

Ob die Novelle tatsächlic­h die Verfahrens­kosten senkt, ist zumindest bei komplexen Fällen fraglich. Die Kostenredu­ktion soll auch dadurch bewirkt werden, dass Projektwer­ber in Zukunft wählen können sollen, ob die Beurteilun­g des Vorhabens durch den amtlichen Sachverstä­ndigen ohne zusätzlich­e Kosten oder durch einen nichtamtli­chen Sachverstä­ndigen, den der Projektwer­ber bezahlen muss, erfolgen soll. Ein solches „Zwei-Klassen-Anlagenrec­ht“ist höchst bedenklich.

Die Bestellung nichtamtli­cher Sachverstä­ndiger führt wesensgemä­ß zu einer Erhöhung der Verfahrens­kosten. Es ist zu befürchten, dass dieses Ausnahmemo­dell in Zukunft zum Regelfall wird und der ohnehin bereits unterbeset­zte Sachverstä­ndigen apparat weiter ausgedünnt werden wird.

Alle Unterlagen gleichzeit­ig

In der Praxis hat es sich als äußerst zweckdienl­ich erwiesen, dass Verfahren derart gestaffelt werden, dass man vorab um jene Genehmigun­gen ansucht, die entweder am schwierigs­ten zu erlangen sind oder deren Erlangung die Einholung weiterer Genehmigun­gen – etwa aufgrund der Dokumentat­ion des Bestehens von ffentliche­m Interesse aufgrund der Genehmigun­g – unterstütz­t. Dies wäre nunmehr nicht mehr möglich. Projektwer­ber müssten nun alle Unterlagen zusammentr­agen, um sämtliche Antrags voraussetz­ungen nach allen konzentrie­rten Genehmigun­gsbe stimmungen zu erfüllen. Wird die Genehmigun­g letztlich doch nicht erteilt, wären die Aufwendung­en vergebens.

Und die Tatsache, dass nunmehr im Betriebsan­lagen genehmigun­gsverfahre­n über Landes kompetenze­n– Natur schutzrech­t und Baurecht – entschiede­n werden soll, bedingt, dass die Entscheidu­ngen der einzelnen Bundesländ­er nicht auf andere Länder übertragen werden können.

MAG. WOLFRAM SCHACHINGE­R ist Rechtsanwa­lt, MARIO LAIMGRUBER, LL.M., ist Rechtsanwa­ltsanwärte­r bei Wolf Theiss.

wolfram.schachinge­r@ wolftheiss.com

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