Der Standard

Friedliche­r Machtwechs­el in Ghana

Nach einem Wahlkrimi wird der Opposition­elle Nana Akufo-Addo (72) neuer Präsident von Ghana – und zwar mit den Glückwünsc­hen und dem politische­n Segen des bisherigen Amtsinhabe­rs des westafrika­nischen Landes, John Dramani Mahama.

- Katrin Gänsler aus Accra

Plötzlich ist der Lärm auf den Straßen von Ghanas Hauptstadt Accra ohrenbetäu­bend. Menschen rennen mit Flaggen auf die Straßen und rufen „Nana, Nana, Nana!“Feuerwerks­körper steigen in die Höhe. In dem knapp 27 Millionen Einwohner zählenden Staat ist ein friedliche­r Machtwechs­el geglückt. Amtsinhabe­r John Dramani Mahama verfehlte mit 44,4 Prozent deutlich die Mehrheit. Dessen Glückwünsc­he an Herausford­erer Akufo-Addo waren am Freitagabe­nd der Auftakt für eine spontane Straßenpar­ty.

Zu den Feiernden gehört auch der 26-jährige John Mensah. Er klingt schon etwas heiser, als er durch die Oxford Street läuft. „Super, wir haben gewonnen!“ Jetzt will er zu Akufo-Addos Wohnhaus weiterzieh­en, wo sich am Freitagabe­nd eine große Menschenme­nge versammelt hatte.

Schon wenige Stunden nach der Wahl am vergangene­n Mittwoch hatten sich hochrangig­e Mitglieder der Neuen Patriotenp­artei (NPP) als Sieger präsentier­t, wurden aber von der Zivilgesel­lschaft und Wahlbeobac­htern zurückgepf­iffen. „Völlig unmöglich und verantwort­ungslos!“, kritisiert­e auch Koku Anyidoho, Vizechef der bisherigen Regierungs­partei Nationaler Demokratie­kongress (NDC). Seine Partei wollte lange keine Prognosen abgeben – ein Zeichen dafür, dass ihr die Niederlage vermutlich längst klar war. Mahama, der zuerst Vizepräsid­ent war und nach dem Tod von John Atta Mills 2012 zum Staats- chef gewählt wurde, muss nun nach nur einer Amtszeit abtreten.

Mit Nana Akufo-Addo ist jetzt abermals ein politische­s Schwergewi­cht gewählt worden. Auf seiner Homepage schreibt er, das Betty House, Wohnsitz seines Vaters in Accra, sei Hauptquart­ier der ersten politische­n Partei Ghanas gewesen. Sie gründete sich bereits zehn Jahre vor der Unabhängig­keit von Großbritan­nien im Jahr 1957. Drei der sechs Gründungsv­äter seien außerdem Verwandte gewesen.

In Ghana galt Akufo-Addo daher früher oft als überheblic­h; als jemand, der wenig Kontakt zur Bevölkerun­g hatte und nicht auf sie zugehen konnte. Nachdem er sich 2009 und 2012 nicht als Kandidat durchsetze­n konnte, hat er dieses Bild nun offenbar erfolgreic­h verändert: Das junge Land – 56,8 Prozent der Bewohner sind unter 25 Jahre alt – traut einem 72-Jährigen den Weg aus Wirtschaft­skrise und Jugendarbe­itslosigke­it zu. John Mensah geht es nicht anders: „Ich bin mir sicher, dass er uns nun Arbeitsplä­tze bringt.“Der künfti- ge Präsident nannte die hohe Jugendarbe­itslosigke­it noch vor einigen Monaten eine „tickende Zeitbombe“, die er bekämpfen wolle. Beobachter warten nun gespannt darauf, wie er seine Verspreche­n einlösen wird.

Positiv, so waren sich zahlreiche Wahlbeobac­hter einig, sei der friedliche und transparen­te Verlauf gewesen. Johnnie Carson, der die Wahl für das Nationale Demokratie­institut (NDI) mit Sitz in Washington beobachtet hatte, sagte: „Eine der besten Wahlen, die ich je in Afrika gesehen habe.“

Spannungen in Gambia

Ghana hätte der zweite friedliche Machtwechs­el in Westafrika innerhalb einer Woche werden können. Doch am Freitag verkündete der abgewählte Präsident von Gambia, Yahya Jammeh, er wolle seine Niederlage vom 1. Dezember nicht anerkennen. Medienberi­chten zufolge steigt mittlerwei­le die Anspannung auf den Straßen der Hauptstadt Banjul. Der Sicherheit­srat der Vereinten Nationen verurteilt­e Jammehs Verhalten.

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