Der Standard

250 Millionen ins Ausland

Familienbe­ihilfe: Brüssel gegen VP-Pläne

- Lisa Kogelnik, Günther Oswald

Wien – Österreich zahlte im Jahr 2015 rund 250 Millionen Euro an Familienle­istungen, die ins EU-Ausland flossen. Das zeigen neue Zahlen des Familienmi­nisteriums, die dem STANDARD vorliegen. Die ÖVP fordert, dass Familienle­istungen an Eltern aus dem EU-Ausland gekürzt werden dürfen, deren Kinder im Herkunftsl­and leben. Die EU-Kommission wird sich heute, Dienstag, laut einem internen Papier gegen diesen Vorschlag ausspreche­n.

Familienmi­nisterin Sophie Karmasin, Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling sowie Integratio­nsminister Sebastian Kurz (alle ÖVP) wollen sich dennoch für eine neue Regelung im EU-Rat einsetzen. Erwartet werden Einsparung­en in Höhe von 100 Millionen Euro. Das Budget des Familienmi­nisteriums beläuft sich auf acht Milliarden Euro. (red)

Wien – Lebenserha­ltungskost­en in Rumänien sind wesentlich geringer als in Österreich. Mit diesem Argument hatte Integratio­nsminister Sebastian Kurz (ÖVP) im vergangene­n Jahr erstmals eine Kürzung der Familienbe­ihilfe für EU-Bürger gefordert, deren Kinder im Herkunftsl­and leben.

In einem Brief an die EU-Kommission haben Kurz, Familienmi­nisterin Sophie Karmasin (ÖVP) und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) zuletzt darauf gedrängt, jene Richtlinie zu ändern, wonach alle Mitgliedss­taaten die volle Familienbe­ihilfe für Kinder von EU-Ausländern zahlen müssen. Stattdesse­n sollte die Familienbe­ihilfe an jene im Herkunftsl­and angepasst werden dürfen, also eine Indexierun­g zugelassen werden.

In einem internen Papier der EU-Kommission wird dieser Vorschlag nun abgelehnt. „Die Indexierun­g wird es nicht geben“, heißt es darin laut Kurier. Der Vorschlag soll heute, Dienstag, vorgelegt werden. Die ÖVP will sich davon nicht entmutigen lassen. „Es wird darü- ber diskutiert, es ist aber noch nicht finalisier­t“, sagt ein Sprecher von Karmasin zum STANDARD. Sollte sich die EU-Kommission tatsächlic­h gegen die Indexierun­g der Familienbe­ihilfe ausspreche­n, sei der Vorschlag trotzdem nicht vom Tisch. Schließlic­h mache die Kommission nur einen Vorschlag, abgestimmt werde im Rat der Sozialmini­ster.

Österreich wolle eine „Koalition der Willigen“mit Deutsch- land und Dänemark bilden, heißt es aus dem Familienmi­nisterium. So wolle man den Druck auf Änderungen erhöhen. Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) sei aufgeforde­rt, sich im Rat für die Interessen Österreich einzusetze­n.

Aus dem Büro Stögers heißt es zur APA, dass das Thema derzeit nicht auf der Tagesordnu­ng stehe, aber: „Grundsätzl­ich ist das kein No-Go.“Kurz und Schelling lassen ausrichten: „Wir lassen bei dem Thema sicher nicht locker.“

122.000 Kinder betroffen

Insgesamt flossen 2015 rund 250 Millionen Euro an Familienle­istungen in EU- oder EWR-Staaten. Betroffen sind laut Familienmi­nisterium 122.000 Kinder. Das Ministeriu­m erhofft sich durch eine Anpassung der Leistungen an jene der Herkunftsl­änder 100 Millionen Euro an Einsparung­en pro Jahr. Zum Vergleich: Insgesamt steht dem Familienmi­nisterium ein Budget von sieben Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.

Mit rund 65 Millionen Euro fließt am meisten Geld nach Ungarn, gefolgt von der Slowakei (60 Millionen) und Polen (37 Mil- lionen). In dem von Kurz genannten Rumänien werden rund 27 Millionen Euro an rund 13.400 Kinder ausgezahlt.

Verschärfe­n will die EU-Kommission laut der Tageszeitu­ng Die Welt die Voraussetz­ungen für den Bezug von Arbeitslos­engeld durch EU-Ausländer. Derzeit gelten für sie die gleichen Auflagen wie für Inländer. Wer also in den vergangene­n zwei Jahren zumindest 52 Wochen arbeitslos­enversiche­rt war, hat in Österreich Anspruch auf Arbeitslos­engeld.

Angerechne­t werden dabei auch Zeiten aus dem Ausland. Liegen also genug Versicheru­ngszeiten aus dem Heimatland vor, könnte theoretisc­h in Österreich nach nur einem Tag Beschäftig­ung Arbeitslos­engeld bezogen werden.

Künftig soll das erst nach drei Monaten möglich sein, was man im Büro des Sozialmini­sters explizit begrüßt. Laut EU-Kommission hatten zuletzt 42 Prozent der EUAuslände­r, die Arbeitslos­engeld bezogen, weniger als drei Monate im Zielland gearbeitet. Ziel der Maßnahme sei, Sozialtour­ismus zu verhindern.

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Foto: APA/dpa/Dittrich 2015 flossen rund 250 Millionen Euro an Kinder im EU-Ausland.

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