Gescheiterte Gründer treiben Zahl der Pleiten nach oben
Die hohe Arbeitslosigkeit drängt viele Österreicher in die Selbstständigkeit. Eigenkapital fehlt, die Zahl an Insolvenzabweisungen mangels Masse steigt. Kreditschützer fordern bei Einzelunternehmen einen größeren finanziellen Polster ein.
Wien – Die Zahl an Unternehmensinsolvenzen ist in Österreich heuer nach Berechnungen des Kreditschützers AKV um knapp vier Prozent auf 5460 Konkurse gestiegen. Privatpleiten gingen in ähnlichem Ausmaß zurück. Erstmals seit fünf Jahren zugelegt haben Insolvenzabweisungen mangels Masse.
Verantwortlich dafür seien meist Personen, die angesichts des angespannten Arbeitsmarktes ohne Geldpolster in die Selbstständigkeit flüchteten, sagt Franz Blantz dem Standard. Der AKVExperte sieht jeden zweiten Gründer innerhalb der ersten fünf Jahre scheitern. Den Insolvenzantrag stellten fast ausschließlich Sozialversicherung und Krankenkasse.
Die Nationalbank rechnet 2017 mit mehr Arbeitslosen bei stabilem Wachstum. (red)
Wien – Die Österreicher flüchten aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit zusehends in die Selbstständigkeit. Gut die Hälfte unter ihnen scheitert aber innerhalb der ersten fünf Jahren, sagt Franz Blantz, Insolvenzexperte des Alpenländischen Kreditorenverbands. Eigenkapital fehle, viele brachten nicht einmal die für ein Konkursverfahren notwendigen 3500 Euro auf.
Fünf Jahre lang sank in Österreich die Zahl an Insolvenzabweisungen mangels Masse, was gerne als Erfolg gefeiert wurde. Seit heuer steigt sie wieder deutlich an, erhob der AKV: bei Unternehmenspleiten um fast neun Prozent, bei Privatkonkursen um elf Prozent – wobei sich darunter viele ehemalige Selbstständige finden.
Treiber dahinter sind vor allem die Gebietskrankenkassen und die Sozialversicherungen. Geht es um das Einbringen öffentlicher Abgaben, wird in der Regel nicht lange gefackelt. Pfändungen von kleinsten Firmen versprechen meist wenig Erfolg, daher sollen Insolvenzanträge geregelte Ratenzahlungen in die Wege leiten. Vielfach ist jedoch auch dafür kein Vermögen mehr da. Für betroffene Einzelunternehmer bedeutet die Insolvenzabweisung den Verlust der Gewerbeberechtigung für drei Jahre.
Der Anteil der Kleinstfirmen an den Konkursen ist gestiegen, sagt auch Gerhard Weinhofer, Chef des Kreditschützers Creditreform. Sie machten die Mehrheit der Pleiten aus, während sich Ausfälle großer Betriebe heuer an ein paar Händen abzählen ließen. Zahlreiche Gründer hätten weder vernünftige Businesspläne noch Kapital – wobei viele angesichts des angespannten Jobmarktes gar keine andere Wahl als Selbstständigkeit hätten. „Also wird so lange weitergewurschtelt, bis alles verbraten ist.“
Blantz sieht darin die Kehrseite des Gründerbooms. Er drängt bei Einzelunternehmen auf eine höhere Eigenkapitalausstattung. Das trommelt auch der Kreditschutzverband KSV seit Jahren. So wie jeder Autofahrer per Gesetz Reservereifen brauche, so dürften auch künftige Unternehmer nicht mehr ohne Rüstzeug, sprich Eigenkapital, in die Selbstständigkeit entlassen werden, sagt Insolvenzrechtsexperte Hans-Georg Kantner. Den jüngsten Anstieg der Konkursabweisungen sieht er dennoch weni- ger dramatisch: Nach Berechnungen des KSV bleibe dieser im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Immerhin seien nach zehn Jahren noch 82 Prozent der neu gegründeten Betriebe auf dem Markt.
Unter dem Strich weist der AKV für heuer 3,8 Prozent mehr Unternehmenspleiten aus als im Vorjahr, während die Privatkonkurse um 3,8 Prozent zurückgingen. Die größte Insolvenz gemessen an den Passiva legte Activ Solar hin, die in Solarprojekte in der Ukraine investierte. Der Garnhersteller Borckenstein führt mit 286 betroffenen Mitarbeitern das Negativranking mit Blick auf die Jobs an.
Auch die Creditreform geht für 2016 von einem Anstieg der Firmeninsolvenzen von gut drei Prozent aus. Eine ähnliche Entwicklung erwarten die Gläubigerschützer für das kommende Jahr.