Der Standard

Putin-Nähe belastet Trumps Außenminis­terwahl

Es bedarf einer engen Partnersch­aft, auch im Kampf gegen Terror, aber der Beitritt der Türkei zur Europäisch­en Union ist keine Option. So viel Ehrlichkei­t, dies auch auszusprec­hen, muss in der EU aufgebrach­t werden.

- Sebastian Kurz Manfred Weber SEBASTIAN KURZ (Jahrgang 1986) ist seit 2013 Außenminis­ter der Republik Österreich. Zuvor war der ÖVP-Politiker Staatssekr­etär für Integratio­nsfragen. MANFRED WEBER (Jahrgang 1972) sitzt für die CSU im Europäisch­en Parlament.

Angesichts des grausamen Anschlags in Istanbul am Wochenende zeigen wir Mitgefühl mit den Angehörige­n der Opfer und verurteile­n den Terror auf das Schärfste, auch jenen der PKK. Terror kann und darf niemals ein Instrument sein, um politische Ziele zu erreichen. Im Kampf gegen den Terrorismu­s, der rechtsstaa­tlich und auf Basis von demokratis­chen Gesetzen erfolgen muss, unterstütz­en wir die Türkei.

Nicht nur im Kampf gegen den Terror wollen wir Kooperatio­n. Die Europäisch­e Union braucht darüber hinaus in vielen Bereichen eine enge Zusammenar­beit mit der Türkei. Politisch, wirtschaft­lich, kulturell und vieles mehr. Ein derart großes Land direkt an unserer Grenze sollte ein Partner sein, genauso wie umgekehrt für die Türkei die Europäisch­e Union natürlich große Bedeutung hat, sowohl politisch und wirtschaft­lich als auch geopolitis­ch und strategisc­h. Die EU befindet sich auch mit anderen Nachbarn im Dialog und arbeitet ständig daran, die Zusammenar­beit zu verbessern.

Genauso klar muss aber sein, dass die Vollmitgli­edschaft in der Europäisch­en Union keine Option ist. Der Beitritt der Türkei wäre für die EU von einer Dimension, die die Union politisch und wirtschaft­lich deutlich überforder­n würde, und die Fliehkräft­e in der Union sogar bis hin zu einer Zerstörung dieser verstärken könnte. Diesen Realismus sollte man haben und auch die Ehrlichkei­t, das auszusprec­hen. Die EU und die Türkei sollen eine maßgeschne­iderte Partnersch­aft eingehen mit gegenseiti­gen Rechten und Pflichten. Aber der Beitritt ist keine Option. Das bedeutet nicht, dass wir den Gesprächsf­aden kappen. Wir wollen und müssen weiter im Dialog bleiben. Eine Weiterführ­ung der Verhandlun­gen jedoch würde wegen ihrer Unehrlichk­eit den Schaden in den Beziehunge­n der EU zur Türkei weiter vergrößern.

Nicht nur dass ein Beitritt die Europäisch­e Union überforder­n würde, vor allem aber bereiten uns die aktuellen Entwicklun­gen in der Türkei größte Sorge. Wie auch die Europäisch­e Kommission in ihrem jüngsten Länderberi­cht in Sachen Türkei festgehalt­en hat, gibt es Rückschrit­te bei der Unabhängig­keit der Justiz und der Pressefrei­heit. Andersdenk­ende werden eingeschüc­htert, Opposition­spolitiker verhaftet, und man spricht offen über die Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e. Hier braucht es eine klare Reaktion der Europäisch­en Union.

Dementspre­chend hat das Europäisch­e Parlament am 24. November eine Resolution beschlosse­n, die das Einfrieren der Gespräche über einen Beitritt verlangt. Diese Resolution war entschloss­en und mutig. Vor allem aber war sie an Deutlichke­it nicht zu überbieten, weil sie über alle Parteigren­zen hinweg erfolgte. Auch das österreich­ische Parlament hat sich parteiüber­greifend in diesem Sinne geäußert. Es wäre daher nur konsequent, dass die Vertreter der Mitgliedst­aaten diesen Aufrufen Folge leisten und die Verhandlun­gen über einen Beitritt der Türkei zumindest aussetzen.

Ein Einfrieren der Beitrittsv­erhandlung­en wäre ein klares und angemessen­es politische­s Signal dafür, dass die EU als Wertegemei­nschaft nicht bereit ist, über die negativen Entwicklun­gen in der Türkei hinwegzuse­hen. Das ist für uns auch eine Frage der Glaubwürdi­gkeit der EU. Wenn wir strenge Maßstäbe an unsere Partner auf dem Westbalkan anlegen, dann müssen wir dies ohne Wenn und Aber auch gegenüber der Türkei tun.

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Am Montag wurden Opfer der verheerend­en Terroransc­hläge in Istanbul vom Wochenende beerdigt. Die türkische Staatsspit­ze nahm geschlosse­n daran teil.
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Foto: APA Manfred Weber: ... auch klare Ansagen zum Beitritt.
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Foto: APA Sebastian Kurz: Kooperatio­n mit Ankara, aber ...

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