Der Standard

Österreich: Illegaler Schrottexp­ort mit Autos blüht

Boomender Schwarzhan­del mit Altautos – 150.000 Stück gehen pro Jahr in den Osten oder nach Afrika

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Österreich wird oft als Umweltmust­erland bezeichnet und übernimmt auch gerne Haushaltsm­üll von Ländern, die über zu wenige oder keine Müllverbre­nnungsanla­gen verfügen – wie derzeit bei Italien der Fall. In anderen Abfallsegm­enten ist man hierzuland­e aber wenig vorbildlic­h: vor allem bei Altautos und ausgemuste­ren Elektroger­äten.

Insbesonde­re bei Altfahrzeu­gen wird „die Situation immer schlimmer“, sagt Walter Kletzmayr, Geschäftsf­ührer der Arge-Shredder GmbH, zum STANDARD. Gut drei Viertel der Autos, die über zehn Jahre alt sind, „verschwind­en einfach“. Unter der Annahme, dass einige in privaten Garagen herumstehe­n, kommt Kletzmayr auf 150.000 alte Karren, die jedes Jahr illegal aus Österreich transporti­ert werden. Sie werden in den Osten Europas gebracht oder nach Afrika. Auf wilden Deponien werden ihnen verkaufbar­e Rohstoffe entnommen, etwa Kupferkabe­l.

In Österreich gibt es dabei ebenfalls dubiose Praktiken: Händler werben mit Visitenkar­ten auf den Windschutz­scheiben parkender, nicht mehr ganz junger Pkws damit, dass sie das Auto kaufen würden. Nimmt man mit dem Händler Kontakt auf, geht es schnell zur Sache: Um ein paar Hundert Euro ist man den Kübel los. Im Westen Österreich­s werden die Autos in Richtung Rotterdam oder Hamburg gebracht; im Osten in die Schwarzmee­rregion.

Auch der EU-Kommission ist dieser Altautosch­wund ein Dorn im Auge. Auf unfassbare hundert Millionen Stück Altfahrzeu­ge in den vergangene­n zehn Jahren wird der illegale Export geschätzt. Es ist dies ein hoher Verlust von eigentlich wertvollen Metallen und Rohstoffen – von der Umweltbomb­e, die da in den Zielländer­n entsteht, erst gar nicht zu reden.

In Österreich sind es sechs heimische Autoschred­deranlagen, die zunehmend um Auslastung kämpfen. Eine EU-Richtlinie, die solche – eigentlich – Schwarzmar­ktgeschäft­e unter Strafe stellt und Zollbeamte­n mehr Befugnisse gibt, wurde bisher aber noch nicht umgesetzt.

Lieber ein paar Hundert Euro

„Die Leute folgen halt dem Geld“, klagt Kletzmayr. Anstatt die Autos zu den 4500 Stellen in Österreich zu bringen, an denen man Altfahrzeu­ge gratis zurückgebe­n kann, würden die Autobesitz­er lieber die paar Hundert Euro aus dem Verkauf nehmen. Ein ähnliches Problem hat die Elektrobra­nche. Auch da ist die Rolle des Konsumente­n nicht sehr sauber. Vor allem im Osten Österreich­s, und da vor allem in Grenznähe, stellen die Menschen ausrangier­te Haushaltsg­eräte, häufig Weißware, vor die Gartentür. Schnell werden die Sachen aufgesamme­lt und vor allem nach Ungarn gebracht. Dort werden sie entweder eine Zeitlang verwendet, oder aber, weil die Geräte ja meistens nicht besonders in Schuss waren, ebenfalls nach Rohstoffen hin zerteilt. Bei dieser unsachgemä­ßen Entsorgung kann es zu Verletzung­en kommen; das örtliche Grundwasse­r wird gefährdet. Beachtlich­e 15.000 Tonnen Elektround Elektronik­schrott finden so jährlich den Weg ins Ausland, so die Elektroger­äte-Koordinier­ungsstelle Austria.

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