Der Standard

Kairo: Mehr Polizei für Kirchen

Staatsakt für bei Anschlag getötete koptische Christen

- Astrid Frefel aus Kairo

In ihrer Wut über den blutigen Anschlag auf die koptische Kathedrale mit 24 Toten und 48 Verletzten vom Sonntag waren die ägyptische­n Christen nicht alleine. Auch unter Muslimen war die Betroffenh­eit über den Terrorakt gegen eine religiöse Einrichtun­g groß. Er geschah an einem hohen muslimisch­en Feiertag.

Deutlich zu spüren war auch Unmut über die Sicherheit­skräfte. Tatsächlic­h waren zuletzt vor Kirchen nur wenige Polizisten stationier­t. Nun wurde die Bewachung von Gotteshäus­ern und Klöstern im ganzen Land wieder massiv verstärkt, auch im Hinblick auf die bevorstehe­nden Festtage.

Nur Angehörige der Opfer waren zur Trauerfeie­r in der Jungfrau Maria Kirche in Nasr City zugelassen. Jugendlich­e, die ausgesperr­t blieben, lieferten sich am Rande Scharmütze­l mit den Sicherheit­skräften. Es gab Verhaftung­en. Vor allem die Mitglieder der koptischen Maspero-Jugend hegen einen tiefsitzen­den Groll gegen die Polizei. Im Oktober 2011 waren 26 Mitglieder der Gruppe bei Protesten erschossen oder von Polizeifah­rzeugen überrollt worden. Verantwort­liche wurden nie zur Rechenscha­ft gezogen.

In der Trauerfeie­r erklärte Papst Tawadros II, das Unheil sei nicht gegen die Kirche, sondern gegen das Vaterland, gegen alle Ägypter gerichtet. Auf Internetfo­ren, die dem „Islamische­n Staat“nahestehen, wurde die Bluttat gefeiert. Aber bisher hat niemand die Verantwort­ung übernommen. Lokale Medien wiesen darauf hin, dass am Samstag ein Todesurtei­l wegen blutiger Anschläge auf dem Sinai gegen Adel Habara, einen Islamisten mit Verbindung­en zum IS, vom Kassations­gericht als endgültig bestätigt worden war.

Selbstmord­attentat

Den Staatsakt für die Opfer vor dem Denkmal des Unbekannte­n Soldaten in Nasr City leitete Präsident Abdelfatta­h al-Sisi. Er ließ mit der Erklärung aufhorchen, ein 22-jähriger Selbstmord­attentäter namens Mahmoud Mustafa hätte in der Kirche von St. Peter einen Sprengstof­fgürtel gezündet. Damit widersprac­h er den Sicherheit­skräften, die eine ferngezünd­ete Bombe mit 12 Kilogramm TNT ausgemacht hatten. Sisi erklärte, vier Personen, darunter eine Frau, seien verhaftet worden.

Der Anschlag hat neue Befürchtun­gen unter den Tourismusv­erantwortl­ichen ausgelöst. Religionst­ourismus – etwa der Pfad der Heiligen Familie in Ägypten – gehört zu den Schwerpunk­ten, die beworben werden sollen, um die Branche aus der Krise zu führen. Jetzt wird eine neuerliche Welle von Stornierun­gen befürchtet.

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