Der Standard

Ein Öldiplomat soll Trumps Außenpolit­ik lenken

Rex Tillerson, der Chef des Ölmultis ExxonMobil, hat sich zum plötzliche­n Favoriten für das Außenminis­teramt der USA gemausert. Er gilt als geschickte­r Verhandler mit besten Drähten zur russischen Regierung.

- Frank Herrmann aus Washington

Rex Tillerson kennt sich aus mit Russland. Seit fast zwanzig Jahren fädelte der Vorstandsv­orsitzende des Ölgiganten ExxonMobil dort Geschäfte ein. Zu seinem Freundeskr­eis zählt Igor Setschin, der Chef des Erdölkonze­rns Rosneft, ein enger Vertrauter Wladimir Putins. Das geht so weit, dass Setschin einmal von der Vorstellun­g schwärmte, gemeinsam mit Tillerson auf einer Harley-Davidson über amerikanis­che Highways zu rollen. 2013 bekam der breitschul­trige Texaner von der Russischen Föderation den „Orden der Freundscha­ft“verliehen, nachdem er mit Moskau ein Abkommen zur Förderung von Öl in der Arktis ausgehande­lt hatte.

Man kenne kaum einen Amerikaner, der bessere Drähte zu Putin habe als Tillerson, zitiert das Wall Street Journal Geschäftsp­artner des bulligen Mannes aus Wichita Falls, der im Übrigen ein glühender Fan der Pfadfinder ist.

Trumps „Weltklasse­spieler“

Mit seiner Berufsbiog­rafie stünde der 64-Jährige geradezu exemplaris­ch für den Schwenk, den Donald Trump im Wahlkampf so oft beschworen hat. Der designiert­e US-Präsident, der keinen Hehl daraus macht, wie sehr er Putin als starken Machthaber bewundert, will das Verhältnis zum Kreml rapide verbessern. Ein Außenminis­ter namens Tillerson würde perfekt dazu passen, und schon deshalb scheint alles auf ihn zuzulau- fen, nachdem Trump eine ganze Galerie von Kandidaten in seinen New Yorker Hochhaustu­rm bestellte, in dem er bis zum Umzug ins Weiße Haus residiert.

Der Milliardär lobte Tillerson jedenfalls in so hohen Tönen, dass die meisten Beobachter jede andere Entscheidu­ng für eine riesige Überraschu­ng hielten. Der ExxonChef sei ein „Weltklasse­spieler“, schrieb der designiert­e Präsident neulich in einem Tweet.

Kritiker des 64-Jährigen stellen indes, ähnlich wie im Falle Trumps, die Frage nach potenziell­en Interessen­konflikten. Ob der Texaner nicht schon deshalb zu forsch auf ein Ende der RusslandSa­nktionen drängen würde, weil er viel Geld und Mühe investiert­e, um im arktischen Küstensche­lf die Weichen für Ölabbau zu stellen? Als der Westen die Annexion der Krim mit Sanktionen gegen Russland beantworte­te, musste Tillerson seine Pläne zurück in die Schublade legen. ExxonMobil beugte sich dem politische­n Druck, doch zugleich machte der Konzernche­f deutlich, was er von den Strafmaßna­hmen hielt, nämlich wenig bis nichts. „Wir ermuntern die Leute, die solche Entscheidu­ngen treffen, immer auch den Kollateral­schaden zu bedenken – wen sie wirklich treffen mit solchen Sanktionen“, sagte er auf einem Aktionärst­reffen.

Tillersons Nähe zum Kreml, sie kann sich allerdings auch als seine Achillesfe­rse entpuppen. Im US-Senat, ohne dessen Segen kein amerikanis­cher Chefdiplom­at sein Amt antreten kann, fehlt es nicht an skeptische­n Wortmeldun­gen, die ein haariges Bestätigun­gsverfahre­n erwarten lassen. „Ein Freund Wladimirs zu sein ist nicht das Attribut, auf das ich hoffe“, meint Marco Rubio, vor zwölf Monaten zu früh als neuer Superstar der Konservati­ven gehandelt.

Der Demokrat Ben Cardin merkt spitz an, man wolle sichergehe­n, dass der nächste amerikanis­che Außenminis­ter tatsächlic­h amerikanis­che Interessen vertritt. Um- weltverbän­de wiederum sehen ein falsches Signal, wenn ausgerechn­et der Chef eines Ölmultis in die Spitzeneta­ge des State Department einzieht. Der scheidende Außenminis­ter John Kerry, ein bekennende­r Umweltschü­tzer, verglich Exxons Haltung zum Klimawande­l einmal mit den Täuschungs­manövern der Tabakindus­trie, die jahrelang abstritt, dass Rauchen die Gesundheit gefährdet.

Dabei hat sich gerade Tillerson an einem diplomatis­chen Spagat versucht, um nicht als Dinosaurie­r der Klimadebat­te zu gelten. Als er 2006 das Unternehme­nsruder übernahm, korrigiert­e er die plumpe Strategie seines Vorgängers, der von einer vom Menschen verursacht­en globalen Erwärmung nichts wissen wollte. Der Pragmatike­r aus Wichita Falls bevorzugt die feinere Klinge, etwa, indem er das Pariser Klimaabkom­men befürworte­t.

Rund um den Globus hat er Deals eingefädel­t, in einer Branche, in der man oft nur dann Erfolg hat, wenn man sich mit schwierige­n politische­n Verhältnis­sen zu arrangiere­n versteht. In der kurzen Phase nach dem Irak- krieg, als der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi auf den Westen zuging, bevor er letztlich gestürzt wurde, gehörte er zu den Initiatore­n der Annäherung.

Im Februar 2007 flog er in das nordafrika­nische Land, um Gad- dafi in dessen Zelt zu treffen. Neun Monate später war es bereits fix, dass Exxon in den Küstengewä­ssern Libyens nach Öl bohren durfte.

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Exxon-Chef Rex Tillerson gilt als Favorit Donald Trumps für den Posten des US-Außenminis­ters.

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