Ein Öldiplomat soll Trumps Außenpolitik lenken
Rex Tillerson, der Chef des Ölmultis ExxonMobil, hat sich zum plötzlichen Favoriten für das Außenministeramt der USA gemausert. Er gilt als geschickter Verhandler mit besten Drähten zur russischen Regierung.
Rex Tillerson kennt sich aus mit Russland. Seit fast zwanzig Jahren fädelte der Vorstandsvorsitzende des Ölgiganten ExxonMobil dort Geschäfte ein. Zu seinem Freundeskreis zählt Igor Setschin, der Chef des Erdölkonzerns Rosneft, ein enger Vertrauter Wladimir Putins. Das geht so weit, dass Setschin einmal von der Vorstellung schwärmte, gemeinsam mit Tillerson auf einer Harley-Davidson über amerikanische Highways zu rollen. 2013 bekam der breitschultrige Texaner von der Russischen Föderation den „Orden der Freundschaft“verliehen, nachdem er mit Moskau ein Abkommen zur Förderung von Öl in der Arktis ausgehandelt hatte.
Man kenne kaum einen Amerikaner, der bessere Drähte zu Putin habe als Tillerson, zitiert das Wall Street Journal Geschäftspartner des bulligen Mannes aus Wichita Falls, der im Übrigen ein glühender Fan der Pfadfinder ist.
Trumps „Weltklassespieler“
Mit seiner Berufsbiografie stünde der 64-Jährige geradezu exemplarisch für den Schwenk, den Donald Trump im Wahlkampf so oft beschworen hat. Der designierte US-Präsident, der keinen Hehl daraus macht, wie sehr er Putin als starken Machthaber bewundert, will das Verhältnis zum Kreml rapide verbessern. Ein Außenminister namens Tillerson würde perfekt dazu passen, und schon deshalb scheint alles auf ihn zuzulau- fen, nachdem Trump eine ganze Galerie von Kandidaten in seinen New Yorker Hochhausturm bestellte, in dem er bis zum Umzug ins Weiße Haus residiert.
Der Milliardär lobte Tillerson jedenfalls in so hohen Tönen, dass die meisten Beobachter jede andere Entscheidung für eine riesige Überraschung hielten. Der ExxonChef sei ein „Weltklassespieler“, schrieb der designierte Präsident neulich in einem Tweet.
Kritiker des 64-Jährigen stellen indes, ähnlich wie im Falle Trumps, die Frage nach potenziellen Interessenkonflikten. Ob der Texaner nicht schon deshalb zu forsch auf ein Ende der RusslandSanktionen drängen würde, weil er viel Geld und Mühe investierte, um im arktischen Küstenschelf die Weichen für Ölabbau zu stellen? Als der Westen die Annexion der Krim mit Sanktionen gegen Russland beantwortete, musste Tillerson seine Pläne zurück in die Schublade legen. ExxonMobil beugte sich dem politischen Druck, doch zugleich machte der Konzernchef deutlich, was er von den Strafmaßnahmen hielt, nämlich wenig bis nichts. „Wir ermuntern die Leute, die solche Entscheidungen treffen, immer auch den Kollateralschaden zu bedenken – wen sie wirklich treffen mit solchen Sanktionen“, sagte er auf einem Aktionärstreffen.
Tillersons Nähe zum Kreml, sie kann sich allerdings auch als seine Achillesferse entpuppen. Im US-Senat, ohne dessen Segen kein amerikanischer Chefdiplomat sein Amt antreten kann, fehlt es nicht an skeptischen Wortmeldungen, die ein haariges Bestätigungsverfahren erwarten lassen. „Ein Freund Wladimirs zu sein ist nicht das Attribut, auf das ich hoffe“, meint Marco Rubio, vor zwölf Monaten zu früh als neuer Superstar der Konservativen gehandelt.
Der Demokrat Ben Cardin merkt spitz an, man wolle sichergehen, dass der nächste amerikanische Außenminister tatsächlich amerikanische Interessen vertritt. Um- weltverbände wiederum sehen ein falsches Signal, wenn ausgerechnet der Chef eines Ölmultis in die Spitzenetage des State Department einzieht. Der scheidende Außenminister John Kerry, ein bekennender Umweltschützer, verglich Exxons Haltung zum Klimawandel einmal mit den Täuschungsmanövern der Tabakindustrie, die jahrelang abstritt, dass Rauchen die Gesundheit gefährdet.
Dabei hat sich gerade Tillerson an einem diplomatischen Spagat versucht, um nicht als Dinosaurier der Klimadebatte zu gelten. Als er 2006 das Unternehmensruder übernahm, korrigierte er die plumpe Strategie seines Vorgängers, der von einer vom Menschen verursachten globalen Erwärmung nichts wissen wollte. Der Pragmatiker aus Wichita Falls bevorzugt die feinere Klinge, etwa, indem er das Pariser Klimaabkommen befürwortet.
Rund um den Globus hat er Deals eingefädelt, in einer Branche, in der man oft nur dann Erfolg hat, wenn man sich mit schwierigen politischen Verhältnissen zu arrangieren versteht. In der kurzen Phase nach dem Irak- krieg, als der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi auf den Westen zuging, bevor er letztlich gestürzt wurde, gehörte er zu den Initiatoren der Annäherung.
Im Februar 2007 flog er in das nordafrikanische Land, um Gad- dafi in dessen Zelt zu treffen. Neun Monate später war es bereits fix, dass Exxon in den Küstengewässern Libyens nach Öl bohren durfte.